Uganda 2021 - Schimpansen und Berggorillas
Ein langgehegter Traum wird wahr! Die Berggorillas in Uganda! Sie stehen schon so lange und mit drei Ausrufezeichen auf meiner "Liste vor der Kiste! Gleichzeitig ist das mein erstes Mal in Afrika. Selten war ich so gespannt auf eine Reise. Zweieinhalb Wochen habe ich geplant für die schönsten Nationalparks.
Gemeinsam mit einer Agentur direkt in Uganda, die mir von Freunden empfohlen worden war, hatte ich die Tour geplant. Einige der bedeutendsten Nationalparks des Landes stehen auf meinem Programm. Auf jeden einzelnen dieser Nationalparks freue ich mich. Das wichtigste sind für mich allerdings die Berggorillas. Meine Erwartung ist groß, meine Sorge allerdings auch, denn ganz einfach soll die Wanderung ja nicht sein.
Uganda war recht gut durch die Corona-Krise gekommen - hatte nur ganz kurz zwischendurch mal auf der Risikoliste des RKI gestanden. Auch die Einreisebedingungen waren für doppelt Geimpfte o.k. Einen Tag vor meiner Abreise gab es noch eine erfreuliche Neuerung - die Testpflicht nach der Ankunft mit Warten auf das Testergebnis war weggefallen. So brauchte ich nur meine Impfbescheinigung und einen negativen PCR-Test mitzubringen, der nicht älter als 72 Stunden ist.
Die Flugpläne nach Uganda sind wegen Corona noch ziemlich mager. Die einzige sinnvolle Wahl ist für mich Turkish Airlines Die Verbindung ist allerdings sehr anstrengend - über vier Stunden Umsteigezeit in Istanbul auf dem Hinflug - auf dem Rückflug sind es sogar über sechs Stunden. Irgendwie habe ich die Wartezeit jedoch ganz gut hinter mich gebacht und es geht endlich weiter in Richtung Entebbe.
Mit einer Viertelstunde Verspätung landen wir kurz nach halb vier in der Nacht. Die Sicherheitskontrollen sind streng. Pass, PCR-Test und der online beantragte Visa-Letter werden mehrere Male kontrolliert. Dann ist das Visum und der Einreisestempel endlich in meinem Pass. Mein Gepäck ist eines der letzten auf dem Band. Am Ausgang gibt es dann noch einmal eine Passkontrolle und auch die Gepäckabschnitte werden genau kontrolliert.
Wie auf jedem Flughafen der Welt ist auch hier die Schar der Taxifahrer groß. Einige preisen ihre Dienste an – andere warten mit Schildern auf ihre Gäste. Wer von denen ist denn jetzt wohl Chance? Langsam gehe ich den Weg entlang. Da ganz am Ende schaut mich ein sympathischer junger Mann fragend an. Dann hält er mir einen Zettel entgegen „Welcome Gaby!“
Mit Chance werde ich also in den nächsten zweieinhalb Wochen in Uganda unterwegs sein. Er ist 28 Jahre jung und arbeitet schon seit einigen Jahren als englischsprachiger Fahrer-Guide. Viel Zeit zum Unterhalten und Bekanntmachen haben wir nicht, denn vom Flughafen zum Via Via Gästehaus sind es gerade einmal zehn Minuten. Gottseidank! Nach fast 24 Stunden auf den Beinen und unterwegs freue ich mich nur noch auf mein Bett. Wir verabreden uns für 13 Uhr, damit ich wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf bekomme – inzwischen ist es nämlich schon fünf.
Um neun Uhr siegt die Neugier. Ich schaue mich erst einmal etwas genauer um. Mit der großen Fensterfront hinaus zum Garten ist das Zimmer wirklich schön. Die Bungalows, auf die sich die Zimmer verteilen, liegen ganz idyllisch in einem sehr gepflegten und trotzdem naturbelassenen Garten.
Ein wirkliches Kleinod ist allerdings das Via Via Cafe und Restaurant. Alles ist ganz offen gestaltet – die Tische stehen auf mehreren Ebenen unter schattenspendenden Bäumen und hoch über einem kleinen See mit weitem Blick über eine baumbestandene Landschaft – das ist Idylle pur! Vogelliebhaber kommen hier so richtig auf ihre Kosten. Es zwitschert, kräht und keckert aus allen Richtungen.
Pünktlich um 13 Uhr ist Chance da. Wir fahren auch gleich los, denn wir haben einiges auf dem Plan. Im Wildlife Education Center – man könnte es auch landläufig Zoo nennen – schauen wir uns im Schnelldurchgang die interessantesten Tiere an.
Hier bekommst Du schon mal einen Eindruck, was dich alles auf unserer Reise erwartet, meinte Chance mit einem breiten Lachen. Na, wenigstens habe ich sie dann hier gesehen falls es in freier Wildbahn nicht klappen sollte. Nach den Berggorillas kommen gleich die Schimpansen auf meiner Wunschliste. Ich bin wirklich sehr gespannt, was mich erwartet.
Dann geht es gleich nebenan in den so vielgepriesenen botanischen Garten. Die Idylle auf den Hügeln am Ufer des Victoria Sees wird jedoch ganz empfindlich gestört. Es ist Sonntag und halb Entebbe scheint hier zu sein – Picknicken und Chillen ist angesagt – laute Musik dröhnt aus allen Richtungen. So schnell wie wir gekommen sind sind wir auch wieder verschwunden.
Da nutzen wir die Zeit lieber, noch einige wichtige Dinge zu erledigen – Geld wechseln und eine ugandische Mobilfunkkarte. Chance empfiehlt Airtel – die hat er selbst und auf seinen Touren ist die Abdeckung mit am besten. Dann bleibt sogar noch etwas Zeit für den Bazar.
Was für ein anstrengender Tag mit einem tollen Abschluss! Es beginnt mit Verkehrschaos pur! Leider können wir Kampala nicht umfahren wie es eigentlich geplant war. Wir müssen noch zur UWA, der Uganda Wildlife Authority, um die Nationalpark-Permits zu bezahlen. Eigentlich sollte das ja mit dem neu eingeführten Online-Bezahlsystem gehen, aber leider klappt das noch nicht. Also müssen wir das Geld persönlich abliefern, denn sonst werden die Permits in den Parks nicht akzeptiert.
Verkehrschaos habe ja schon viel erlebt – egal ob in Kathmandu, Delhi oder Calcutta… Das ist jedoch alles nichts im Vergleich zu Kampala. Über Kilometer zieht sich die Stop-and-Go-Fahrt – allerdings meistens mehr Stop als Go…
Dann noch das bürokratische Drama der Bezahlung. Zwei Stunden verschwindet Chance im Büro der UWA und ward nicht mehr gesehen. Natürlich sind wir nicht die einzigen, denen so ergangen war.
Endlich können wir weiterfahren - ist es schon zwölf Uhr. Gegen halb zwei haben wir es schließlich geschafft - wir passieren die nördliche Stadtgrenze von Kampala. Endlich geht es wenigstens zügig voran, aber es liegen noch einige Kilometer vor uns…Eigentlich wollten wir zu dieser Zeit schon im Ziwa Rhino Sanctuary sein. Dort kommen wir gerade noch rechtzeitig zu eine der letzten Nashorn-Tracking-Touren gegen halb vier an.
Im südlichen Headquarter bekommen wir von einem netten Ranger, der sich als Jeff vorstellt, sehr viel Wissenswertes über das Rhino Sanctuary erzählt. Nachdem die Nashörner in Uganda in den 1980iger Jahren durch Wilderei komplett ausgerottet waren, gab es 1997 erste Bestrebungen, sie wieder anzusiedeln. Dafür wurden von der privaten Ziwa Rancher Ltd. 70 km² Land abgetreten und mit Spendengeldern eingezäunt. Die ersten 28 Ranger wurden ausgebildet und 2005 das Ziwa Rhino Sanctuary eröffnet. Dafür bekam Uganda vier Nashörner von Kenia und zwei von den USA geschenkt.
Heute leben hier wieder 33 Rhinos, die von 150 Rangern Tag und Nacht bewacht werden. Jeweils 4-5 bewaffnete Ranger sind auf Abstand mit einer Rhino-Gruppe, die meistens aus vier bis fünf Tieren besteht, rund um die Uhr unterwegs. Die Tiere sollen nun so schnell wie möglich ausgewildert werden. Allerdings bereitet es noch große Probleme ein geeignetes Gebiet zu finden, wo die kostbaren Tiere auch sicher überwacht werden können und nicht gleich wieder der Wilderei zum Opfer fallen.
Über Funk erfährt Jeff von seinen Kollegen, die auf Beschützer-Tour sind, wo wir eine Gruppe Rhinos finden. Per Jeep und dann zu Fuß geht es in die entsprechende Richtung. Nach kaum fünf Minuten Fußmarsch entdecken wir die Gruppe – Mama Rhino mit ihrem etwa acht Monate alten Baby, ein älteres Jungtier und ein jüngerer Nashorn-Bulle.
Mit großem Geschick führt uns Jeff an die richtigen Stellen, wo wir die Rhinos nicht stören, aber trotzdem gute Fotos machen können. Über eine Stunde folgen wir ihnen so auf Abstand. Jetzt erweist es sich als Glücksfall, dass wir so spät gekommen sind, denn es ist die letzte Führung und Jeff hat Zeit. Man merkt wieviel Freude er daran hat, Gäste zu den Rhinos führen. So kommen wir dann sogar noch in den Genuss, den Tieren bei ihrem abendlichen Schlammbad zuzuschauen…
Noch ganz benommen von den tollen Eindrücken sitzen wir schon wieder in unserem Auto. Es liegen noch gut 100 km vor uns bis zum Budongo National Forest. Der gehört schon zum Murchison Falls Nationalpark. Chance drückt mächtig auf die Tube, denn um 19 Uhr wird der Parkeingang geschlossen. Um fünf vor sieben stehen wir vor dem Tor. Bis wir die Budongo Eco Lodge erreichen, ist es bereits dunkel und wir sind hundemüde…
Früher Aufbruch!. Unser Ziel: die Murchison Falls, nach denen der Nationalpark benannt wurde. Wir folgen einer fast schnurgeraden Straße. Zunächst geht es fast nur durch Wälder, den Budongo Forest. Erst seit seit kurzem ist die Straße asphaltiert, erzählt Chance. Früher war die Fahrt hier wirklich abenteuerlich, wenn es geregnet hatte. Oft fuhr man knöcheltief im Morast. Daher auch der Name Budongo Forest. "Budongo" heißt so viel wie rutschig oder schlammig.
Später wird die Landschaft offener und bietet einen tollen Weitblick. Dann gelangen wir in die Nähe des Nils, der den Nationalpark in zwei Teile teilt – den südlichen und den nördlichen. Der südliche ist hauptsächlich bewaldet. Hier ist man am besten zu Fuß unterwegs. Nördlich des Nils liegen riesengroße Savannengebiete.
Schon beim Erreichen des Parkplatzes hören wir das Rauschen und Donnern des Murchhison Falls Wasserfalls. Ein Pfad führt direkt an das Ufer des Victoria-Nils. Gewaltige Wassermassen strömen vorbei und stürzen sich einige Meter weiter über riesige Felsstufen in die Tiefe.
Die aufspritzende Gischt zaubert Regenbögen gegen den tiefblauen Himmel. Wir steigen hinauf zu einem Ausschtspunkt. Als Chance dort direkt unter dem Regenbogen steht ist er restlos begeistert. Hier regnet es permanent feine Gischt-Tropfen und so werden wir ziemlich nass durch die natürliche sanfte Dusche - eine willkommene Erfrischung in der aufsteigenden Hitze des Tages.
Aus Richtung Osten vom Victoria See kommend fließt der längste Fluss der Welt als Victoria-Nil einige Kilometer nach den Murchison Falls in einem breiten Delta in den Albert See. Den verlässt er schon nach kurzer Strecke wieder in nördliche Richtung und wird ab hier Albert-Nil genannt. Weiter nördlich wird er dann zum „Weißen Nil".
Nur wenige Kilometer unterhalb der tosenden Wasserfälle fließt der Nil gemütlich durch die Landschaft. Hier ist nichts mehr zu spüren von der Wildheit der Wassermassen. Wir überqueren den Fluss und wechseln hinüber in den nördlichen Teil des Murchison Falls Nationalparks. Hier in der endlosen Savanne gib es den größten Tierreichtum des Parkes.
Unser erster „Game“-Drive im Murchison Nationalpark So werden hier die Safaris genannt. Anders als z.B. in Indien oder Nepal fährt man in Uganda mit dem eigenen Fahrzeug in die Parks auf Safari. Die Wege darf man dabei allerdings nicht verlassen. Auch das Aussteigen ist strengstens verboten. Viele Fahrzeuge haben ein Aufstelldach! Vor der Sonne geschützt steht man im Fahrzeug und hat einen tollen Rundblick.
Zu Beginn unseres Game Drives sehen wir nur wenige Tiere. Außer den fast allgegenwärtigen Antilopen gibt es einige Büffel und aus ganz weiter Ferne einige Elefanten und eine Giraffe.
Weiter im Westen geht es da schon viel lebhafter zu. Giraffen haben mich schon immer begeistert! Mehrere der stattlichen Tiere stehen direkt an oder sogar auf dem Fahrweg. Unser Auto stört sie nicht im geringsten. Eine der Giraffen weicht zwar einige Schritte zurück, äugt dann anscheinend neugierig und geht gleich wieder in aller Seelenruhe zu ihrem Fressprogramm über…
In der Nähe des Nils werden die Tiersichtungen noch zahlreicher. Eine Gruppe von Wildschweinen hat ein Wasserloch in Beschlag genommen. Auch einge der über 450 Vogelarten tummeln sich in der Nähe des Wassers. Da zückt auch Chance seine Kamera, um einige Aufnahmen zu machen.
Was für ein erlebnisreicher Tag! Allerdings sind wir in unserer Begeisterung viel länger als eigentlich geplant unterwegs. Das Mittagessen haben wir ausfallen lassen. Chance möchte unbedingt noch einen Löwen oder Leoparden finden. Das will aber einfach nicht gelingen. Schließlich machen wir uns doch auf den Rückweg. Dabei "stolpern" wir noch über eine kleine Elefantenherde, die mit einigen noch sehr kleinen Elefanten-Babys unterwegs ist.
Schon als wir mit unseren Toyota langsam zum Stehen kommen hat uns der Elefantenbulle genau im Visir. Mit aufgestellten Ohren stellt er sich in Positur. So verharrt er erst einmal eine Weile. Schließlich wird seine Aufmerksamkeit auf ein heranfahrendes Motorrad gelenkt wird. Der scheint ihm überhaupt nicht zu behagen. Zielstrebig bewegt sich das gewaltige Tier auf das Motorrad zu. Da dreht der Motorradfahrer doch lieber erst mal ganz flott um und bleibt erst in einiger Entfernung wieder stehen.
Der Elefantenbulle weicht nicht aus seiner Lauerstellung. Schließlich setzt Chance unser Fahrzeug zurück zwischen das Motorrad und den Elefanten. So kann der Motorradfahrer schließlich mit unserem Toyota als Schutzschild passieren.
Es ist schon später Nachmittag als wir in der Murchison River Lodge ankommen. Herrlicher Müßiggang mit Nilblick.
Die Zimmer in den großzügigen Safarizelten stehen mit viel Abstand zueinander im idyllischen Garten. Jedes verfügt über ein eigenes Badezimmer mit Dusche und manche haben sogar Nilblick.
Um 6.30 Uhr sind wir schon wieder unterwegs. Dann sind die Löwen und Leoparden im Park besonders aktiv und oft noch auf Beutezug, meint Chance. Keine Frage - dafür verzichten wir gerne aufs Frühstück und nehmen mit einigen Snacks vorlieb. Die Sonne geht gerade erst über dem Nil auf als wir losfahren...
Schon gestern haben wir viele Antilopen gesehen. Das war allerdings nichts im Vergleich zu den Unmengen von Tieren, die am frühen Morgen auf Futtersuche sind. Wenn das nicht Löwen und Leoparden anlockt...Nach einer Weile stoppt Chance den Wagen. Schau, meinte er, die Antilopen fressen gar nicht und schauen ganz gebannt in dieselbe Richtung…vielleicht ist dort ein Löwe… Wir warten eine Weile, aber es tut sich nichts. Wir sind gar nicht weit gefahren als Chance erneut stoppt. Hier sind es einige Giraffen, die aufmerksam beobachtend an einem Wasserloch stehen...und tatsächlich...da kommt eine Löwin aus dem Dickicht und überquert in aller Gemütsruhe die Piste. Die Zeit reicht gerade für ein einziges Foto bevor sie im dichten Savannengras verschwindet.
Auf der Weiterfahrt gibt es erst mal keine weiteren „Vorkommnisse“. Eine Ansammlung von Fahrzeugen deutet auf etwas interessantes – also nichts wie hin. Gerade rechtzeitig! Eine Löwen-Mama mit ihren beiden noch sehr kleinen Babys kommt aus dem Gebüsch, überquert die Piste und verschwindet dort gleich wieder im nächsten Gebüsch. Für ein Foto hat der kurze Moment leider nicht gereicht.
Die anderen Fahrzeuge fahren weiter, aber wir warteten noch etwas – vielleicht kommen die drei ja wieder aus dem Gebüsch hervor, wenn ein wenig Ruhe eingekehrt ist. Und tatsächlich - nach einer ganzen Weile bewegt sich etwas. Die Zweige rascheln – eines der kleinen Löwen-Babys kommt hervor - völlig arglos legt es sich in die Sonne – direkt vor unsere Kameras.
Nach kurzer Fahrt treffen wir wiederum auf eine kleine Ansammlung von Fahrzeugen – zwei Leoparden halten gerade Siesta hoch oben in einem Baum gleich neben der Piste!. Wie schön, nach Sri Lanka noch einmal Leoparden in freier Wildbahn zu sehen!
Kaum zu glauben, aber es ist schon elf Uhr. Wir machen uns auf den Rückweg. Von hier aus brauchen wir mindestens eine Stunden zurück nur Lodge, wenn uns nichts weiter mehr „über den Weg läuft“. Aber es läuft…ein Pärchen Hornbills – er prächtig mit dem typischen rotem und sie mit blauem Fleck am Hinterkopf. Und was uns nicht über den Weg läuft, das steht gleich neben dem Weg – Olimbis, die kleinste Antilopenart in Uganda und einige Elefanten mit kleinen Elefanten-Babys .
Am Nachmittag geht es auf den Nil auf einer Bootsfahrt. Zwar bin ich heute die Einzige, die die Tour bis zu den Murchison Falls gebucht hat, doch sie findet trotzdem statt, wenn auch in einem etwas kleineren Boot. Wir überqueren den Fluss und dann geht es flussaufwärts entlang des idyllischen Nordufers.
Außer dem Bootsmann ist noch Park-Ranger Jeff als Führer dabei. Es ist unglaublich, was er alles sieht. Das riesige Krokodil ganz versteckt im Uferdickicht wäre mir nie aufgefalllen. Nur wenige Meter weiter ist einer der seltenen Sattelschnabelstörche am Ufer unterwegs.
Am meisten begeistern mich aber die Flusspferde, die hier nur kurz Hippos genannt werden. Viel sieht man ja im Wasser nicht von Ihnen - oft nur die Augen und ein Paar Ohren und manchmal noch die knubbeligen Nasenlöcher dazu.
4.000 Hippos gibt es im Park, meint Jeff – außerdem inzwischen wieder 2.700 Elefantn, 3.000 Giraffen und 120 Löwen – Jeff ist ein Quell des Wissens! Unglaublich, wieviele dieser Tiere sich hier am Ufer des Nils tummeln. Elefanten und Büffel haben sich zuhauf eingefunden – die Hippos sind mit Abstand am zahlreichsten – außerdem noch unzählige Wasservögel, Wildschweine und jede Art von Antilopen. Herrlich - gemütlich und in aller Ruhe im Boot sitzen und die beeindruckende Natur und das Tierleben an sich vorbeiziehen lassen…
Nach knapp zwei Stunden kommen wir in Sichtweite der Murchison Falls. Wegen des aufgewirbelten Wassers können wir leider nicht so nah heranfahren, aber der Anblick ist auch so beeindruckend.
Nur sechs Meter breit ist der Felspalt durch den sich der längste Fluss der Welt hier 43 m tief in ein wild schäumendes Felsenbecken stürzt. Die Wassermassen sind so gewaltig, das viele Fische den Sturz nicht überleben und leichte Beute für die Krokodile werden.
Inzwischen verdunkelt eine schwere Wolkenfront den Himmel. Von weitem lässt sich ein erstes dumpfes Grollen vernehmen. Nun aber auf dem schnellsten Weg zurück. Wir nehmen die sehr viel kürzere Strecke entlang des Südufers. So schneiden wir einige große Kehren des Nils ab. Schon nach einer Stunde erreichen wir den Bootsanleger - gerade noch rechtzeitig vor den ersten dicken Tropfen.
Früher Aufbruch! Auf einer abgelegenen Nebenstrecke fahren wir in Richtung Süden. Wir wollen direkt an das Ufer des Albert Sees nach Butiaba, einem der größten Fischerdörfer. Gottseidank hat es gestern nicht allzuviel geregnet sonst würde die Fahrt auf der nicht asphaltierten Straße schnell zur Schlammschlacht. Wir passieren kleine Dörfer mit grasgedeckten Lehmhäusern, Rinderherden auf der Straße und den kleinen Ort Bulisa.
Autoverkehr gibt es hier fast gar nicht. Meistens sind die Einheimischen zu Fuß oder mit Sammeltaxis unterwegs. Ein Fahrrad ist hier schon eine Errungenschaft und ein kleines Moped ein Luxus, den sich nur wenige leisten können. Immer wieder begegnen uns Frauen, die schwere Lasten auf dem Kopf balancieren und sich dabei mit beindruckender Leichtigkeit und elegantem Gang fortbewegen. Mindestens ebenso beeindruckend ist es, was man in Uganda alles auf einem Fahrrad oder Motorrad transportieren kann...
Schon gegen halb zehn erreichen wir den Albertsee in Butiaba. Fischerboote säumen das Ufer. Mit über 5.000 km² ist der Albertsee neben dem Victoria-See eines der größten und vor allem auch fischreichsten Binnengewässer in Uganda. Von hier aus wird der Fisch jeden Morgen fangfrisch in Kühlwagen nach Kampala und in den Kongo transportiert.
Wir schlendern entlang der Uferstraße. Viele Geschäfte sind geschlossen. Lediglich einige Essensstände sind gut besucht.
Von weitem hören wir Musik und dann sehen wir auch schon eine große Menschenansammlung am Ufer. Der halbe Ort scheint sich hier versammelt zu haben. Heute ist ein Schwimmlehrer nach Butiaba gekommen und gibt Schwimmunterricht, erfährt Chance. Da es immer wieder zu tödlichen Unfällen kommt wird fleißig geübt - und wer es nicht selbst probiert schaut wenigstens zu...
Die andere Hälfte der Einheimischen scheint gerade auf dem nahegelegenen Markt unterwegs zu sein...
An den lecker duftenden Jackfrüchten (...nicht zu verwechseln mit der ganz ähnlich aussehenden stinkenden Durianfrüchten aus Astien...) konnte Chance nicht vorbeigehen. Die sind sooo lecker, meint er, die musst du unbedingt probieren! Nach einigen großen Stücken Jackfrucht probieren wir auch gleich noch das süße Brot von nebenan - ganz frisch in Öl gebacken. Herrlich - so ein improvisiertes köstliches Mittagsmahl!
Schließlich reißen wir uns von dem quirrligen Marktgeschehen los. Noch etwa zwei Stunden brauchen wir bis nach Tonya, einem weiteren Dorf direkt am Albertsee. Da es keine direkte Straße dorthin gibt fahren wir erst hinauf in die Berge in Richtung Hoima. Kurz vor Hoima bieten wir ab in Richtung Buserika. Dann sind es noch etwa zwei Kilometer hinunter zur Kikonko Lodge, unserem heutigen Ziel. Die liegt hoch oben über dem Albertsee an einem Berghang. Die Aussicht ist phantastisch - die Lodge ist es auch!
Nur sechs Zimmer verteilen sich auf drei Bungalows und jedes hat einen schattigen Balkon mit Seeblick. Egal, ob vom Restaurant, dem Swimmingpool oder der Bar - der Seeblick ist hier allgegenwärtig. Eine wohltuende Oase der Ruhe - eine ideale Zwischenstation zwischen den Nationalparks und Safaris.
Chance schlägt vor eine Abkürzung zu nehmen. Wir schauen auf die Straßenkarte. Schau hier, meint er, wenn wir die Strecke über Kaseeta und Rwera nehmen schneiden wir den großen Bogen über Hoima ab. Die Straße ist zwar nicht geteert, aber gut zu fahren, wenn es nicht geregnet hat. Also fahren wir los. Die Piste führt zunächst durch einen herrlich dichten Wald. Später schließen sich endlose Teefelder an.
Bei Kabwoya kommen wir wieder auf die Hauptroute, die von Hoima in Richtung Süden führt. Umso schneller kommen wir jetzt voran. Die knapp 250 km bringen wir einigermaßen flott hinter uns. Etwa 30 km südlich von Fort Portal, der größten Stadt in der ganzen Umgebung, machen wir einen Abstecher zur Kasenda Kraterlandschaft.
Über 30 Kraterseen gibt es alleine hier. Im gesamten Westen von Uganda auf dem afrikanischen Grabenbruch, der früher hochvulkanisches Gebiet war, gibt es 54 solcher Kraterseen. Sie formen eine der schönsten Landschaften in Uganda. Das ist Idylle pur in einer wirklich überbordenden Natur.
Wir wollen hinauf zum „Top oft the World“-Aussichtspunkt – eigentlich eher ein etwas breiterer Fußweg – für unseren Toyota nicht nur etwas schmal – auch ziemlich steil. Vom letzten Regen ist der Pfad stellenweise noch einigermaßen „budongo“ – schlammig und rutschig. Da müssen wir sogar den Vierradantrieb zuschalten.
Hier oben gibt es sogar eine kleine Lodge. Es müsste phantastisch sein hier ein oder zwei Tage zu verbringen, um die Umgebung zu erkunden und zu wandern. Was für ein Ausblick - pure Idylle bis zum Horizont!
Mein Freund Gilbert arbeitet als Manager in der Ndali Lodge, meinte Chance, wenn Du Lust hast können wir ihn mal besuchen. Die Ndali Lodge ist eine der schönsten Lodges in der ganzen Umgebung. Klar, wenn wir die Gelegenheit haben, uns dabei vielleicht sogar die Lodge einmal anzuschauen, dann machen wir das doch. Mit einem kurzen Anruf kündigt uns Chance bei Gilbert an.
Am schönsten sind jedoch auch hier die Ausblicke über die weite Landschaft und die herrlichen Seen.
Für Vogelfreunde muss das hier das Paradies sein. Wohin man schaut geben sich gefiederte Besucher ein Stelldichein. Besonders Kingfisher sieht man hier sehr viel. Einer der schönsten ist der kleine Malachite Kingfisher oder auch der Woodland Kingfisher.
In kaum einer Stunde erreichen wir von hier aus den Kibale Forest Nationalpark und das Kibale Forest Camp mitten in einem herrlichen Wald.
Um fünf Uhr klingelt der Wecker – um halb sechs gibts Frühstück und um sechs sind wir auf dem Weg zum Headquarter des Kibale Forest Nationalpark. Chance geht erst mal in’s Büro, um mich für das Schimpansen-Trekking zu registreeren. Freudestrahlend erzählt er mir, dass ich heute die einzige auf der Tour bin.
Pünktlich um halb sieben kommt ein bewaffneter Park-Ranger auf mich zu und stellt sich als Gorden vor. Ich solle mich nicht vor seinem Gewehr erschrecken, meint er in ziemlich gutem Englisch, das habe er nur zum Schutz dabei und bisher gottseidank noch nie gebraucht.
Dann mustert er mich erst einmal – mit den hohen Wanderschuhen und den Gamaschen scheint er zufrieden zu sein. Hast Du eine Regenjacke dabei? Ja! Hast Du Wasser dabei? Ja! Wieviel? Einen Liter! OK! Also geht’s los! Mit dem Wagen bringt uns Chance ein Stück die Straße hinunter. Hier steigen Gorden und ich aus und verschwinden in einem der schönsten tropischen Regenwälder Ugandas.
Gorden erklärt, dass es meistens etwa eine Stunde dauere bis man die Schimpansen-Gruppe findet. Mit seinen Ranger-Kollegen, die schon im Wald auf Schimpansen-Pirsch sind, steht er in Funkkontakt. So kann er mich ziemlich gezielt in die richtige Richtung führen.
Bei dem sog. „Habituation“-Trek hat man nach dem Auffinden der Schimpansen vier Stunden Zeit, ihnen auf ihren Streifzügen durch den Wald zu folgen, sie zu beobachten und natürlich zu fotografieren. Es gibt vier Gruppen von Schimpansen, erzählt Gordon, die „habituiert“ d.h. an Menschen gewöhnt sind - zwei Gruppen für Besuche von Touristen und zwei weitere Gruppen zu wissenschaftlichen Zwecken.
Etwas Sorgen machen Gorden einige Waldelefanten. Sein Kollege hat frische Spuren gesehen. Die sind etwas kleiner als die Savannen-Elefanten, erzählt er, aber auch aggressiver. Deshalb ist es besser, ihnen aus dem Weg zu gehen und sich sofort zurückzuziehen, wenn einer oder mehrere in der Nähe sind. Im Notfall würde er dann mit einem Schuss in die Luft versuchen, die Tiere zu vertreiben. Dann sind allerdings wahrscheinlich auch die Schimpansen weg…
Wir folgen dem engen Pfad immer tiefer in den Wald hinein. Schon nach gut einer halben Stunde treffen wir auf Gordons Kollegen Danson. Gemeinsam gehen wir weiter. Den Pfad haben wir inzwischen verlassen und es geht querfeldein durch das Unterholz. Teilweise hilft nur noch die Machete, um durch das dichte Dickicht hindurch zu kommen.
Am frühen Morgen findet man die Schimpansen am besten, erzählt Danson in nahezu fließendem Englisch, wenn man nach den Schlafnestern hoch in den Bäumen schaut. Jeder Schimpanse baut sich am Abend für die Nacht ein solches Schlafnest. Danson deutet hoch oben in einem der mächtigen Urwaldbäume auf ein dichtes Blätterknäuel. Es dauert nur zwei bis drei Minuten und die Äste sind miteinander verknotet und verwoben und bieten dem Schimpansen einen gemütlichen und vor allem sicheren Schlafplatz.
Meistens sind die Schimpansen dann am frühen Morgen noch in der Nähe unterwegs. Nach dem Aufwachen geht es nämlich erst mal zum Frühstück auf Nahrungssuche in den Baumwipfeln. Es ist unglaublich, wo Gorden und Danson die Tiere überall in schwindelerregender Höhe in den Bäumen entdecken. Mit einer wahren Engelsgeduld zeigen und beschreiben sie mir die Stellen.
Das Fotografieren ist auf die große Entfernung nicht so einfach. Trotzdem gelingt das eine oder andere Foto. Wir müssen noch ein wenig warten, meint Danson. Wenn wir Glück haben kommen einige Schimpansen nach der morgentlichen Futtertour hinunter, um durch den Wald zu streifen oder ein wenig zu chillen. So viel Kletterei und Fressen macht natürlich müde.
So war es dann auch. Immer mal wieder hangelte sich ein Tier nach unten, lief ein paar Meter durch das Unterholz und war dann allerdings meistens ziemlich schnell wieder auf dem Weg nach oben.
Einer aber blieb. Das ist Rusty, meinte Gorden, er ist ein ziemlich ranghohes Männchen in der Gruppe, kommt gleich mit einigen anderen hinter dem Alpha-Männchen – hat auch schon einige Jahre auf dem Buckel – dürfte so zwischen 35 und 45 Jahre alt sein – schau, er hat schon einige graue Haar. Rusty lässt es ganz gemütlich angehen. Er bleibt gleich neben dem Baum sitzen, von dem er gerade heruntergeklettert ist. Unsere Anwesenheit stört ihn nicht im Geringsten. Egal, ob wir uns bewegen, um einen guten Standort zum Fotografieren suchen oder uns leise unterhalten – Rusty ist völlig entspannt – wendet nicht einmal den Kopf, wenn wir uns bewegen. Wir hätten genauso gut ein Baum, ein Strauch oder ein Stein sein können. Es sind kaum fünf Meter zwischen ihm und uns.
Es ist ein unglaubliches Erlebnis, einem Schimpansen so nahe zu sein. Rusty bleibt sitzen – wir bleiben stehen. Schließlich steht er aber doch auf und geht in aller Gemütsruhe los – wir folgen ihm. Auch das stört ihn überhaupt nicht. Nach einer Weile hat er anscheinend ein schönes Plätzchen gefunden - zwischen einigen Sträuchern und dick mit Blättern ausgepolstert - offensichtlich ein idealer Platz zum Chillen.
Da sitzt Rusty in aller Gemütlichkeit, den Kopf auf die Knie oder die Hände gestützt, schaut mal in die eine – mal in die andere Richtung – wir interessieren ihn dabei nicht die Bohne! Schließlich macht er es sich richtig gemütlich – legt sich hin - mal auf die eine – mal auf die andere Seit. Zwischendurch setzt er sich wieder hin, gähnt einige Male herzhaft und stößt immer mal wieder einige ziemlich laute Rufe aus.
Wir bleiben in der Nähe stehen. Wieder sind es kaum fünf Meter, die uns von ihm trennen. Danson schlägt vor hierzubleiben. Vielleicht bekomm er ja noch Gesellschaft aus seiner Schimpansen-Gruppe. Nach über einer Stunde schaut Rusty ziemlich melancholisch drein. Ungeduldig stößt er immer wieder laute Rufe aus. Es scheint, meint Gorden, dass er nach der Gesellschaft seiner Kumpels ruft – wahrscheinlich möchte er gerne gelaust werden. Aber von denen kommt leider keiner. Schließlich beginnt Rusty sich ganz bedächtig selber zu lausen…
Sie sind uns Menschen so ähnlich, meint Danson. Sie spielen, freuen sich, streiten sich, vertragen sich wieder und sind traurig. Über 50 verschiedene verbale Ausdrücke scheinen Schimpansen zu beherrschen, hätten Forscher herausgefunden. Darunter sind auch eine ganze Anzahl von Kraftausdrücken.
Dann ist plötzlich Aufruhr im Dschungel! Mit großem Gekreische hangelt sich ein jüngerer Schimpanse in Windeseile von Baum zu Baum gefolgt von einem größeren, der ziemlich aggressive Töne ausstößt. Es gesellen sich noch einige andere Schimpansen-Männchen hinzu und veranstalten einen einen großen Tumult. Da will Rusty offensichtlich auch mitmischen. Es geht rauf auf die Bäume und wieder hinunter – großes Hin und Her Gerenne und Gekletter. Nach einer Weile kehrt wieder Ruhe an.
Schließlich treffen wir noch auf den kleineren geflüchteten Schimpansen. Er sitzt etwas bedröppelt zwischen den Sträuchern. An seiner rechten Hand blutet er ein wenig. Er ist anscheinend auch einigermaßen fertig nach der großen Hatz auf ihn. Er legt sich erst mal nieder und streckt alle Viere von sich. Dass wir ganz in der Nähe stehen stört auch ihn dabei überhaupt nicht.
Es ist unglaublich, wie schnell die Zeit vergangen war und wir machen uns auf den Rückweg. In einer knappen Stunde sind wir zurück am Nationalpark Headquarter. Auf dem letzten Stück entlang der Straße kommt Chance vorbei und wir können uns die letzten Meter zu Fuß sparen.
Was für ein schönes Erlebnis. Das möchte ich erst einmal ein wenig "sacken" lassen und so verbringe ich einen entspannten Nachmittag auf der Verande meines Safarizeltes.
Spontan haben wir uns entschlossen auf der Fahrt zum Queen Elizabeth Nationalpark noch in Richtung Ruwenzori-Berge zu fahren. Bei so viel flacher Savannenlandschaft vermutet man in Uganda keine bis über 5.000 m hoch aufragende und hier in den Tropen auch keine schneebedeckte Berge!
Es ist nur ein kleiner Abstecher von der Hauptstrecke um hinauf in die Berge zu gelangen. Nach einigen Kilometern sehen wir schon von weitem einige Berge aufragen. Die beiden ganz großen – Mt. Albert mit 5.087 m und Mt. Magherita mit 5.109 m, halten sich dezent im Hintergrund. Erst nach einem Wandertag zeigt sich sich die beiden. Der Mt. Magherita ist immerhin der dritthöchste Berg in Afrika nach dem Kilimanscharo (5.895 m) und dem Mt. Kenia (5.194 m). Nur wenige Wanderer wagen sich bisher in diesen Zauberwald mit der größten Vegetationsdichte unseres Planeten, der die beiden 5.000er Eisriesen umgibt.
Wir schauen uns eine Lodge an, die Touren hinauf anbietet und auch das Headquarter des Ruwenzori Mountain Nationalparks ist ein wahrer Informatiosquell. Schön, dass man hier auf einer Trekkingtour nicht im Zelt übernachten muss sondern dass es kleine „Cabins“ mit Schlafmöglichkeiten und Verpflegung gibt. Vielleicht ist das ja mal eine Alternative zum Trekking in Nepal?!
Nach unserem Abstecher in die Berge liegen noch einige Kilometer vor uns zum Queen Elisabeth Nationalpark. Ein ziemlich unspektakuläres Hinweisschild am Straßenrand markiert den Äquator, den wir hier überqueren. Ein kurzer Halt. Wo hat man schon mal die Gelegenheit mit einem Bein auf der Nord- und dem anderen auf der Südhalbkugel unserer Erde zu stehen.
Jetzt ist es aber Zeit für eine Rolex, meint Chance. So wird in Uganda scherzhaft die "Roll of Eggs" genannt. Das Gericht ist hier so beliebt wie bei uns die Bratwurst an der Ecke. Wir halten am Straßenrand und lassen uns eine an einem der zahlreichen Straßenstände über einem glühenden Kohletopf zubereiten. Verquirlte Eier vermischt mit klein geschnippelten Tomaten-, Paprika- und Zwiebelstücken lässt man kurz in der heißen Pfanne über den Kohlen stocken. Dann kommt ein Chapati-Fladen oben drauf und das ganze wird aufgerollt - fertig ist eine Roll of Eggs. Richtig lecker!
Schließlich erreichen wir die Fähre über den Kazinga Kanal im Queen Elizabeth Nationalpark so gegen zwei Uhr. Es herrscht das absolute Chaos, denn einen anderen Weg über den Kanal gibt es nicht.
Die Brücke ist leider noch nicht ganz fertig – wird erst am 30. September eröffnet. Also gibt es für die meisten keine Alternative zur Fährüberfahrt. Die Schlange ist endlos. Wie lange soll es denn dauern, bis die alle übergesetzt sind – es passen gerade mal sechs Fahrzeuge auf die Fähre - das kann ja noch Stunden dauern. Deshalb schlägt Chance vor, den Wagen einfach hier stehen zu lassen.
Mit einem kleinen Charterboot überqueren wir den Kazinga Kanal und fahren direkt zu unserer Lodge, die etwas weiter flussabwärts direkt am Ufer liegt. Das dauert höchstens zehn Minuten. Morgen geht es dann auf demselben Weg und mit demselben Boot wieder zurück zum Auto und dann auf Safari. Die Idee ist Gold wert! Das spart uns einige Stunden Wartezeit.
Schon nach zehn Minuten erreichen wir die Bush Lodge, die etwas erhöht direkt über dem Kanal liegt. Der ist eigentlich gar kein Kanal sondern eine natürliche Verbindung zwischen den beiden großen Seen im Queen Elizabeth Nationalpark, Lake Edward und Lake George. Was für ein toller Ausblick direkt von der Terasse meines Safarizeltes. Von weitem hört man die Flusspferde grunzen, ein Elefant streunt in der Ferne den Hang entlang und eine Schar Vervet Affen turnt im nahegelegenen Baum.
Später verabschiedet sich der Tag mit einem phantastischem Sonnenuntergang über dem Kanal.
Pünktlich um 6.30 Uhr ist das bestellte Boot da und wir schippern wieder über den Kazinga Kanal! Kaum eine Viertelstunde später fahren wir schon in Richtung Park-Headquarter, um uns für den gebuchten „Experiential Game Drive“ zu registrieren. Den gibt es nur im Queen Elizabeth Nationalpark. Viele der Löwen und Leoparden tragen ein Funkhalsband und werden per Antenne von einem mitfahrenen Park-Ranger geortet. So ist man ganz gezielt im Park unterwegs. Die Chance, dass man dabei Löwen und Leoparden sieht liegt bei mindestens 95 Prozent.
Heute sind vier Fahrzeuge zu dem „Experiential Game Drive“ angemeldet. Der Ranger mit der Antenne sucht sich ein Fahrzeug aus, in dem er voranfährt. Eine weitere bewaffnete Rangerin fährt ebenfalls zur Sicherheit mit. Sie stellt sich als Petra vor und sucht sich unser Fahrzeug als Mitfahrgelegenheit aus. Das bringt uns in den Genuss von vielen weiteren Informationen.
Petra erzählt uns, dass die Funkhalsbänder den Tieren ursprünglich nicht aus touristischen Gründen angelegt wurden. Der Auslöser war ein größeres Löwensterben vor einigen Jahren. Viele Tiere wurden krank und haben immer wieder Zähne verloren. Man konnte sich das nicht erklären. Durch das Nachverfolgen der Wanderungen hoffte man, den Grund dafür herauszufinden. Außerdem bot die Ortung den Rangern eine viel weitergehende Möglichkeit die Tiere zu schützen. Leider werden immer wieder Löwen von den Bewohnern der Dörfer in der Randzone des Parks vergiftet, erläutert Petra.
Das Vieh aus diesen Dörfern darf auch in einem Streifen entlang der Grenze innerhalb des Parkes weiden. Da kann es schon mal vorkommen, dass sich ein Löwe oder ein Leopard eine Ziege oder ein Rind holt. In der Vergangenheit haben die Einheimischen dann mmer mal wieder vergiftete Fleischköder ausgelegt. Löwen sind dadurch am meisten gefährdet, denn sie fressen auch Aas. Leoparden tun das normalerweise nicht – sie fressen nur das, was sie selbst gejagt haben.
Da die Funksender der Tiere regelmäßig mit neuen Batterien versehen werden müssen, ist das eine ziemlich teure Angelegenheit. Deshalb hat man angefangen, das gezielte Orten der Tiere auch für Safari-Gäste anzubieten. Das hat zusätzlich den großen Vorteil, dass die Safari-Fahrzeuge auf der Suche nach Löwen und Leoparden nicht stundenlang im Park hin- und herfahren, sondern die Suche sehr viel gezielter und damit schneller ist. Nachdem ein oder zwei Löwenrudel und ein Leopard gesichtet ist wird die Safari beendet. Das kann auch schon mal nach einer Stunde der Fall sein.
Kaum dass wir eine Viertelstunde unterwegs sind sieht Chance in einiger Entfernung mehrere Löwen. Petra schaut mit dem Fernglas und bestätigt das verwundert - was er denn für „Eagle Eyes“ habe. Der vorausfahrende Wagen mit der Funkortung war daran vorbeigefahren… Mit einer Handbewegung deutet Petra an, dass Chance querfeldein in Richtung der Löwen fahren solle.
Ein Rudel von zehn Tieren ist unterwegs. Der „Big Boss“ dieses Rudels ist Mike, erzählt Petra. Er ist mit vier ausgewachsenen Weibchen unterwegs und drei noch ganz jungen Babys im Alter von ca. zweieinhalb bis drei Monaten. Außerdem sind noch einige Jungtiere im Alter von ca. eineinhalb Jahren dabei. Wir sind den Tieren vorausgefahen, die ganz offensichtlich in eine Richtung wanderten. So können wir sie beobachten, als sie auf uns zukommen und dann an uns vorbeiziehen. Was für ein Anblick aus solcher Nähe.
Inzwischen sind auch die anderen drei Fahrzeuge bei uns angekommen. Die Löwen beeindruckt das überhaupt nicht. Sie würdigten uns während der gesamten Zeit keines Blickes – auch nicht als wir ihnen wiederum ein Stück vorausfahren, um sie noch einmal beim Näherkommen und Vorbeilaufen zu sehen. Was für Erlebnis!
Der Vorteil auf diesen „Experiential Game Drives“ ist, dass man in Begleitung der Ranger auch von den Wegen abweichen und den Tieren folgen darf. Schließlich wenden wir uns schweren Herzens von dem Löwenrudel ab und folgen wieder dem „Funk“-Fahrzeug. Nun geht es um die Ortung eines Leoparden. So ganz nebenbei „stolpern“ wir dabei noch über eine Löwen-Mama mit zwei noch sehr kleinen Babys. Ganz offensichtlich hält sie intensiv Ausschau nach Beute und richtet dabei den Blick immer wieder auf eine Antilope-Herde in einiger Entfernung. Petra äußert sich besorgt. Die Löwin sieht aber nicht gut aus, meint sie – sie ist etwas mager und die Kleinen auch! Offensichtlich ist sie alleine unterwegs. Das macht es für die Löwin viel schwerer zu jagen.
Auf der Weiterfahrt bricht plötzlich eine Elefanten-Dame mit ihrem Baby durch das Gesträuch und läuft quer über die Piste. Das sie dabei zwischen zwei fahrenden Autos hindurch läuft scheint sie wenig zu beeindrucken. Wir halten sofort an. Nicht zu früh, denn es folgen noch weitere Elefanten, die in aller Gemütsruhe die Piste überqueren. Keine Frage - hier haben die Tiere immer Vorfahrt!
Dann geht es weiter in Richtung Leopard. Wir folgen dem Signal bis in die Randzone des Nationalparks. Einen Leoparden finden wir aber trotz einigem Herumfahren nicht. Sorgenfalten auf Petras Stirn. Sie berät sich mit ihrem Ranger-Kollegen. Dann erklärt sie, dass das das Signal einer Leopardin ist, die meitens mit ihrer Tochter unterwegs ist. Sie wurde jetzt schon den dritten Tag hier geortet ohne das Tier zu finden. Hoffentlich wurde sie nicht von den Bewohnern des nahegelegenen Dorfes getötet und liegt hier irgendwo verendet in den Büschen.
Vor zwei Wochen, erzählt Chance, war er mit anderen Gästen hier und sie hatten das Glück eine Leopardin mit ihrer schon etwas älteren Tochter zu sehen und zu fotografieren. Er zeigt Petra die Fotos im Display seiner Kamera und sie bestätigt - ja, dass müsste die Leopardin sein, die zu dem georteten Signal hier gehört.
Per Telefon informiert sie das Headquarter und fordert eine Truppe Ranger mit Spezialausrüstung an. Die Koordinaten der Ortung schickt Petra per WhatsApp, so dass ganz gezielt gesucht werden kann. Damit ist die heutige Safari nach knapp eininhalb Stunden leider beendet. Es geht auf direktem Weg zurück zum Headquarter. Wann die Spezialtruppe denn wohl beginnen würden nach dem Leoparden zu suchen, fragte ich Petra. Gleich heute, antwortet sie, heute Abend wissen wir schon mehr. Auf meine Bitte gibt Petra Chance ihre Telefonnummer, denn wir wollen später gerne nachfragen, was aus der Leopardin geworden ist.
Jetzt gönnen wir uns erst einmal eine Mittagspause. Ganz in der Nähe kennt Chance ein kleines Restaurant, in dem sehr gut und traditionell gekocht wird. Hier gibt es auch Matoke, das Nationalgericht in Uganda – ein fester Brei aus gekochten Bananen. Außerdem gibt es einen vergleichbar festen Brei aus Mais und dazu Reis. Dazu kommt noch ein fangfrischer köstlich gegrillter Fisch aus dem nahe gelegenen Edward See. Die Portion ist gewaltig! Davon schaffe ich höchstens die Hälfte. Die andere Hälfte hat Chance zusätzlich noch schnell verdrückt.
Um ein Uhr beginnt die Bootsfahrt auf dem Kazinga Kanal. Das ist ein natürlicher Kanal, der die beiden großen Seen Lake Edward und Lake George im Queen Elizabeth Nationalpark miteinander verbindet. Die Namensgebung hat tatsächlich etwas mit dem englischen Königshaus zu tun. Nach einem Besuch von Queen Elizabeth in Uganda in den 1960iger Jahren wurden die ursprünglichen Namen zu ihren Ehren geändert.
Die Bootsfahrt auf dem Nil im Murchison Nationalpark hatte mich ja schon wirklich begeistert. Das war allerdings wenig im Vergleich, was uns auf der Bootstour auf dem Kazinga Kanal erwartet. Etwa eineinhalb Stunden fahren wir am Südufer des Kanals entlang bis zur Mündung in den Lake Edward. Kaum haben wir eine Gruppe Elefanten gesehen und fotografiert kommt auch schon eine Gruppe Hippos ins Blickfeld. Man weiß kaum, wo man zuerst hinschauen soll.
Die Bootstour auf dem Kazinga Kanal war ein wirkliches Fest für die Sinne! Fast die gesamte Tierwelt des QE-Nationalparks scheint sich hier am Fluss versammelt zu haben. Was für ein Erlebnis!
Neben den Großen tummelten sich auch jede Menge Vögel am Wasser.
Nun geht es zurück zur Lodge. Wenn da nur nicht die Fähre wäre! Heute haben wir keine Wahl – der Wagen muss mit! Vielleicht ist ja heute etwas weniger los?! Was für ein dummer Gedanke! Es stehen mindestens 12 Fahrzeuge in der Warteschlange vor uns. Ob ich vielleicht schon mal mit dem Boot zur Lodge rüberfahren wolle, fragt Chance, er würde dann mit dem Auto nachkommen. Was kostet denn das? 20.000 Uganda-Schillinge! Kaum zu glauben – gerade einmal etwas mehr wie fünf Dollar. Ja, das würde ich nur zu gerne – auch wenn ich ein ziemlich schlechtes Gewissen habe, Chance hier alleine warten zu lassen. Das lässt Chance jedoch nicht gelten und so arrangiert er flugs die Bootsfahrt für mich. Zweieinhalb Stunden später hat er dann auch endlich geschafft.
Am Abend rufen wir Petra an. Der Ranger-Suchtrupp hat die Leopardin gefunden. Zusammen mit ihrer Tochter saß Sie tief im Gebüsch versteckt. Gemeinsam knusperten sie genüsslich an einer Kuh. Da sie damit mehrere Tage beschäftigt waren, sind sie erst gar nicht mehr aus ihrem Versteck hervorgekommen. Die Ranger haben ihre Zelte jetzt in der Nähe der Tiere aufgeschlagen, um sie vor den Dorfbewohnern zu schützen bis sie wieder von dannen ziehen. Wie schön - Mutter und Tochter sind wohlauf!
In Uganda wachst Du am morgen auf und ein Flusspferd liegt im Gebüsch vor Deinem Haus oder ein Elefant steht in Deinem Garten. Hier wundert das wahrscheinlich niemanden. Tiere sind nahezu allgegenwärtig. Dazu muss man in Uganda nicht einen der zehn Nationalparks oder eines der zahlreichen Nature Reserves besuchen. So "stolpern" wir schon am frühen morgen über die ersten Tiere. Was für uns ein schöner Start in den Tag ist ist für die Einheimisches mit Sicherheit oft eher lästig und manches mal auch gefährlich.
Wir sind wieder unterwegs - zum nächsten ganz großen Ziel - den Berggorillas im Bwindi Impenetrable Forest Nationalpark. Dazwischen liegen 250 erlebnisreiche Kilometer. Zunächst kommen wir flott voran auf einer der gut ausgebauten Hauptstrecken. Im Dorf Kyambura verlassen wir die jedoch und quälen unseren Toyota auf eine der steilen roten Pisten den Berg hinauf. Die musst Du Dir unbedingt ansehen, hatte Chance frohlockt, die werden Dir gefallen. Gemeint sind die Zwillings-Kraterseen Katinda & Mirambi. Whow, was für ein Ausblick!
Leider haben wir nicht allzuviel Zeit. Viel zu schnell müssen wir diese wunderbare Aussicht wieder hinter uns lassen. Hier zum Picknick herkommen oder Zeit für eine Wanderung haben...Schade! Eine Erfahrung, die ich immer wieder auf meinen Reisen mache - noch ein ganz klein bißchen mehr Zeit haben - hier und da einen Tag mehr, um die machmal sehr voll gepackten Tage ein wenig zu entspannen. Denn da sind ja auch noch die unverhofften netten Begegnungen...
Dann haben sie uns wieder - die langen oft schnurgeraden rotsandigen Pisten! Weit über eine Stunde geht es so durch die unendliche Savanne.
So sind wir dem Edward Lake wieder ziemlich nahegekommen. Es ist nur ein kleiner Abstecher und wir stehen an seinem Ufer im Fischerdorf Rwenshama. Chance kennt hier jede "Nase". Einen Großteil seiner Kindheit hat er hier verbracht. Sein Vater ist hier auch heute noch regelmäßiig als Fischhändler unterwegs.
Aber hier wird der Fisch nicht nur gefangen und verkauft sondern auch zubereitet verkauft - fritiert, gekocht und geräuchert. Chance hat für zuhause gleich einen riesigen Karton fritierten Fisch bestellt. Natürlich müssen wir den erst mal probieren! Lecker! Ein Stück weiter wird gegrillt. Das ist Ziegenfleisch, meint Chance. Das muss ich unbedingt probieren. Ziege habe ich ja noch nie gegessen. Wir kaufen zwei riesige Spieße. Wie lecker das schon riecht! Die gibt es ab jetzt öfter, meint Chance. Hier im Südwesten wird viel gegrillt und nicht nur Ziege.
Inzwischen sind wir Ishasha und den baumkletternden Löwen ein gutes Stück näher gekommen. Chance erzählt: Die kletternden Löwen von Ishasha sind etwas besonderes. Die gibt es nur hier. Keiner weiß wann und warum die Löwen angefangen haben auf Bäume zu klettern. Ich habe meinen Vater oft begleitet, wenn er in den Kongo gefahren ist um Fisch zu verkaufen. Dann sind wir immer hierher gefahren. Da haben wir fast immer Löwen in den Bäumen gesehen. Jetzt in der Mittagshitze ist auch genau die richtige Zeit für die Löwen Siesta zu halten...wir halten intensiv Ausschau.
Hier in der südlichen Ishasha-Region des Queen Elisabeth Nationalparks gibt es besonders viele der kräftigen und tief hängenden Fic-Trees. Die mögen die Löwen besonders gerne. Allerdings heute anscheinend nicht. Alle möglichen Tiere haben es sich in den Bäumen gemütlich gemacht...nur Löwen finden wir nicht.
Hier, das ist einer ihrer Lieblingsbäume, meint Chance, bisher habe ich die Löwen hier fast immer gefunden - noch letzte Woche war ich mit einem Gast hier. Chance ist traurig. Er zeigt mir seine Fotos von letzter Woche...
Schließlich geben wir es auf nach den baumkletternden Löwen zu suchen und hoffen für morgen auf etwas mehr Glück mit den Berggorillas. Das "platte" Land lassen wir jetzt schnell hinter uns. Es wird hügelig. Riesige Teefelder soweit das Auge reicht im Wechsel mit Wäldern. Das kräftige Grün ist Balsam für die Augen. Was für eine herrliche Landschaft!
Am späten Nachmittag erreichen wir Ruhija. Der kleine Ort liegt am Rande des Bwindi Impenetrable Forest Nationalpark. Wir fahren erst mal zu unserer Lodge, dem Ruhija Community Rest Camp. Auf unser Kommen ist man anscheinend nicht vorbereitet. Außer zwei spielenden Kinder ist niemand da. Die laufen sogleich, um jemanden zu holen.
Nach einem kurzen Moment kommt Cecilia im Eilschritt um die Ecke. Sie ist ganz "aufgelöst" - ihr Boss hat wohl vergessen ihr zu sagen, dass Gäste kommen...Oh je, oh je, der Koch ist auch nicht da...dann muss ich selber kochen...einkaufen muss ich ja dann auch noch...Nach der ersten Überraschung gewinnt Cecilia schnell ihre Fassung zurück. Kein Problem, meint sie, das bekomme ich schon hin, wenn ihr mir mit dem Abendessen bis halb sieben Zeit lasst! Na klar! Sie lacht erleichtert und lächelt übers ganze Gesicht.
Sie zeigt uns noch kurz unsere Zimmer, gibt uns die Schlüssel und verschwindet so schnell wie sie gekommen ist zum Einkaufen.
Sechs recht einfache Zimmer verteilen sich auf drei rustikale Bungalows steil am Hang. Jedes Zimmer hat ein eigenes einfaches Badezimmer mit einer Dusche. Warmes Wasser gibt es auf Wunsch nur im Eimer. Da die meisten Lodges in der Nähe des Nationalpark sehr, sehr teuer sind, hatte ich mich für diese einfache Unterkunft entschieden. Für eine Nacht war es auf jeden Fall o.k.
Endlich ist es soweit – so lange darauf gefreut und doch auch ein wenig gefürchtet! Das Gorilla-Tracking! Gefreut, weil ich schon immer davon geträumt habe die Gorillas einmal „hautnah“ zu erleben. Gefürchtet, weil ich viel darüber gelesen habe, dass die Wanderung zu den Gorillas wirklich hart sein kann. Von Freunden - Helga und Uwe, die vor einigen Jahren in Uganda und auch bei den Gorillas waren, hatte ich ähnliches gehört. Drei bis vier Stunden Marsch durch dichten Dschungel bis die Gorillas endlich gefunden waren. Dabei hat es fast die ganze Zeit geregnet. Auch im Internet hatte ich Infos gefunden, dass es hier eigentlich fast immer regnet – es heißt ja schließlich nicht umsonst Regenwald…
Soweit wie möglich hatte ich versucht mich vorzubereiten – hohe Wanderstiefel und Gamaschen zum Schutz gegen Regen und vor allem auch vor den ziemlich unangenehmen Waldameisen – Handschuhe, die einigermaßen vor Dornen schützen, wenn es durch Dornengestrüpp gehen sollte - und natürlich Regenschutzkleidung. Dazu im Rucksack einen Liter Wasser und einige Snacks zur Stärkung…
Außerdem engagiere ich einen der Träger, die bei jeder Gorilla-Safari bereitstehen und auf einen Job hoffen. Zum einen ist das eine gute Möglichkeit die Einheimischen auch direkt vom Gorilla-Tourismus profitieren zu lassen – zum anderen – ganz ehrlich – ohne Jacky hätte ich das nicht geschafft! Das kostet 15 US-Dollar – und über ein kleines Trinkgeld freut sich Jacky natürlich auch sehr.
Vor dem Aufbruch gibt es erst einmal eine interessante Info-Viertelstunde mit einem Ranger. Man kann merken, wie sehr er für das „Thema“ und für die Gorillas „brennt“. In den 90iger Jahren gab es gerade noch 250 dieser Gorillas in den Bergen von Uganda, Ruanda und einige wenige auch im Kongo. Seit das ganze Gebiet unter strengen Naturschutz gestellt wurde und die einheimische Bevölkerung ganz gezielt mit einbezogen und Gelegenheit geschaffen wurde, dass sie mit vom Tourismus profitieren, hat sich die Situation gottseidank gebessert. Heute gibt es in den drei Ländern wieder 1.450 Gorillas, so dass die akute Gefahr des Aussterbens erst einmal abgewendet scheint.
Inzwischen ist auch Rocky angekommen, ein älterer Herr aus den USA, der mit von der Partie sein wird. Begleitet werden wir von Perth, einer von drei Rangerinnen, die hier im Bwindi Nationalpark für die Gorillas im Einsatz ist. Sie stellt uns "unsere" Gorillas erst einml kurz anhand einer kleinen Schautafel vor. Die Bitukura-Gorilla-Familie besteht aus 14 Mitgliedern und hat zwei Silberrücken. Außerdem hat es in diesem Jahr Nachwuchs gegeben. Gorilla-Dame Rukara hat ein Baby bekommen, erzählt Perth ganz stolz und mit viel Leidenschaft. Auf meine zaghafte Frage, wie lange wir denn wohl gehen müssen, meint Perth, dass die gestrigen Tracking-Gäste eine Stunde gebraucht hatten - aber das könne sich natürlich bis heute geändert haben. Mir fällt erst einmal ein Stein vom Herzen. Offensichtlich hatte Chance beim Registrieren mit Erfolg um eine möglichst nahe Gorilla-Gruppe gebeten. Auch das Wetter scheint mitzuspielen.
Seit Helga und Uwe hier unterwegs waren hat sich einiges geändert. Damals gab es weniger habituierte – an den Menschen gewöhnte – Gorilla-Gruppen. Die wurden morgens von vorausgehenden Rangern, den „Trackern“, erst einmal mühsam gesucht und die Besucher-Gruppe folgte ihnen auf dem Fuß. Da war man dann ganz schnell drei und mehr Stunden unterwegs. Heute bleiben mehrere Ranger zum Schutz der Tiere den ganzen Tag in ihrer Nähe. Erst wenn sich die Gorillas am Abend einen Schlafplatz gesucht haben kehren sie nach Hause zurück. Am nächsten Morgen gehen sie ganz früh und gezielt zu diesem Schlafplatz, um von dort aus nach den Tieren zu suchen. Da Gorillas – anders als Schimpansen – eher gemütlich und langsam unterwegs sind, sind sie meistens schnell gefunden.
Ganz ehrlich – ich weiß nicht, ob ich diesen Marsch drei bis vier Stunden durchgehalten hätte! Wie Helga und Uwe das damals mit über 70 Jahren hinbekommen haben, ist mir ein Rätsel. Hut ab! Es geht über „Stock und Stein“ und mitten durch dichtes Gestrüpp. Gottseidank kein Dornengestrüpp! Mindestens die Hälfte der Zeit gehen wir halb gebückt wie durch einen Tunnel aus Dickicht – oben schauen, dass man mit dem Kopf nicht hängen bleibt oder anstößt und unten gleichzeitig immer wieder über Äste und Baumstämme steigen. Sowohl der Wanderstock als auch die Füße verfangen sich dabei regelmäßig im Gesträuch. Nach einer halben Stunde habe ich das Gefühl mein Kreuz bricht durch…
Jacky ist die ganze Zeit direkt vor oder hinter mir. Er trägt nicht nur meinen Rucksack. Seine helfende Hand ist immer zur Stelle. Er achtet auf jeden meiner Schritte und ist bei schwierigen Stellen sofort da – und schwierige Stellen sind fast überall! Auch Rocky hat seine liebe Mühe, denn er ist noch mindestens zwei Köpfe größer als ich.... Was für ein Segen, dass es heute nicht regnet!
So kämpfen wir uns vorwärts. Dann die erlösenden Worte! „Die Gorillas sind gleich da vorne!“, raunt Perth uns nach einer Dreiviertelstunde zu! Außer den Kameras lassen wir alles zurück und nähern uns dann ganz langsam und vorsichtig. Erst sehen wir nur hier und da etwas schwarzes Fell durch das Gesträuch. Doch die Ranger bringen uns näher an die Gorillas heran und sind sehr bemüht Stellen zu finden, die eine einigermaßen freie Sicht auf die Tiere bieten. Mir stockt fast der Atem sie so nah zu sehen.
Genau wie die Schimpansen stören sich die Gorillas überhaupt nicht an unsere Anwesenheit. Sie würdigen uns keines Blickes. Es ist als wären wir für sie überhaupt nicht da oder einfach nur ein Teil ihrer Umwelt – ein Teil der Natur. Wir hätten genauso gut ein Baum, ein Strauch oder ein Stein sein können. Dann taucht einer der beiden Silberrücken auf und marschiert ohne uns zu beachten vorbei. Schließlich setzt er sich nieder, lehnt sich gemütlich mit dem Rücken zu uns gegen einige Bambusstangen und knuspert an den jungen Trieben der Sträucher.
An anderer Stelle raschelt es im Gebüsch. Da schau, meint Perth, da sitzt Rukara mit ihrem Baby. Ganz versteckt zwischen Blättern und Geäst sitzen die beiden. Plötzlich kommt Rukara aus dem Gesträuch hervor, läuft uns mit ihrem Baby im Arm in aller Gemütsruhe fast über die Füße um sich einige Meter entfernt niederzulassen.
Was für ein unglaubliches und berührendes Erlebnis!
Die Stunde bei den Gorillas vergeht wie im Flug. Noch ganz benommen von den Eindrücken sind wir schon wieder auf dem Rückweg. Den nehmen wir jetzt etwas direkter und in gerader Linie. Wieder geht es über Stock und Stein und durch dichtes Dickicht. So erreichen wir schon nach einer halben Stunde die Straße. Die liegt allerdings gut zwei Meter unter uns. Der Abhang hinunter ist steil – um nicht zu sagen senkrecht! Da hilft nur noch eins – auf die vier Buchstaben setzen und irgendwie hinunterrutschen.
Schweißgebadet, ziemlich „fertig“ und einigermaßen dreckig verabschiede ich mich von den netten Begleitern. Dann sitze ich auch schon im Wagen und es beginnt der gemütlichere Teil des Tages. Zwei Stunden fahren wir durch eine bergige und wirklich schöne Landschaft.
Unser Ziel ist der Lake Bunyonyi, eine der schönsten Seen Ugandas oder sogar von ganz Afrika. Er liegt ganz im Süden nahe der Grenze zu Ruanda auf einer Höhe von knapp 2.000 m und ist umgeben von steilen Berghängen und bis über 2.400 m aufragende Berge. Bizarr verästelt sich der See zwischen diesen Berghängen und Bergen auf einer Länge von 25 km und einer Breite von 7 km. Beeindruckend ist auch seine Tiefe - es heißt, dass die tiefste Stelle 900 m unter der Wasseroberfläche liegt.
Aber auch in anderer Hinsicht ist der Bunyonyi See einzigartig. Hier gibt es keine Nilpferde, keine Krokodile - überhaupt keine großen Wildtiere und auch keine Bilharziose - ein herrlicher Badesee also! Am Bootssteg wartet schon das Boot von der Byoona Amagara Lodge. Sie liegt auf eine der 29 Inseln, die sich über die 61 km² Wasser verteilen. Etwa 20 Minuten dauert die Fahrt zu der kleinen Itambira-Insel.
Für den Rest des Tages ist außer dem Abendessen erst einmal Nichtstun und Staunen angesagt!
Staunen über mein Zimmer, dem sog. G-Dome! Einzigartig, romantisch, ganz besonders und wirklich außergewöhnlich! Aber auch ein wenig gewöhnungsbedürftig! Aus getrocknetem Savannengras, Schilfmatten, Bambusstangen und Holzbalken steht auf Stelzen und einer großen hölzernen Plattform hoch über dem See ein großes kreisrundes „Nest“. Zum See hin ist das ganze offen. Eine Tür gibt es nicht, dafür aber einen traumhaften Blick über den See.
Wie gewöhnungsbedürftig der G-Dome sein kann zeigt sich schon nach kurzer Zeit! Ein Gewitter zieht auf! Es donnert und es blitzt – es schüttet wie aus Eimern und es stürmt. Dicht ist der G-Dome ja. Durch das große Vordach schaffen es selbst die windgetriebenen Regentropfen nicht bis ins Innere. Aber der Wind pustet kräftig hinein. Das Moskitonetz tanzt übers Bett. Da wird es ganz schön kühl im „Zimmer“! Gottseidank dauert der Spuk nur einen kurzen Moment und der Tag verabschiedet sich mit einem herrlichen Sonnenuntergang.
Ein Ruhetag! Müßiggang! Einfach mal die Seele baumeln lassen! Die Sonne scheint von einem strahlend blauen Himmel. Eine Wohltat nach den vielen Tagen vollgepackt mit Erlebnissen und Eindrücken
Auf einem Rundgang über die Insel schaue ich mir erst einmal die Byoona Amagara Lodge etwas näher an. Das ganze Gelände ist absolut naturbelassenen, aber trotzdem sehr gepflegt. Lediglich die Wege zu den Zimmern sind mit Steinplatten befestigt. Strom und warmes Wasser gibt es hier nur aus den Solar-Kollektoren. Bei bewölktem Wetter bedeutet das allerdings dann nur wenig Strom und auch kein warmes Wasser. Die Unterkünfte, die sechs G-Domes, Familienzimmer und Mehrbettzimmer liegen alle einzeln mitten in dieser schönen Natur.
Der richtige Platz, um die Seele einmal baumeln zu lassen!
Allerdings ist die Insel doch ein wenig größer als ich das auf den ersten Blick gedacht habe. Also spaziere ich in aller Gemütlichkeit ein wenig herum und genieße die Ausblicke über den See und die herrliche Natur.
Danach erschöpft sich dann auch schon mein heutiger Tatendrang und ich lasse den Tag in aller Gemütlichkeit ausklingen.
Um Viertel vor fünf klingelt der Wecker! Das grenzt an Grausamkeit! Eine halbe Stunde später sitze ich mit Gad und meinem „packed breakfast“ im Boot. Chance wartet schon am Bootssteg. Es geht in den MgaHinga Gorilla Nationalpark. Allerdings nicht zu den Gorillas sondern zum Volk der Batwa, einem Pygmäen-Stamm.
Da müssen wir aber erst mal hinkommen. Zwei bis drei Stunden Fahrzeit meint Chance. Die erste Stunde rumpeln wir hoch über dem Bunyonyi See durch die Dunkelheit. Wir freuen uns als wir endlich wieder Asphalt unter die Räder bekommen. Langsam weicht die Dunkelheit und das wenige Licht unter den dicken Wolken lässt erahnen wie schön die Landschaft hier ist.
Die früheren vulkanischen Aktivitäten haben deutliche Spuren hinterlassen. So mancher Vulkankrater ist hier nach dem Erlöschen anscheinend in den letzten Jahrtausenden der Erosion zum Opfer gefallen. Offensichtlich sind nur noch einige Seitenwände übriggeblieben, die hoch aufragen. Terrassenfelder bedecken die Berghänge von der Talsohle bis hinauf. Die Straße windet sich in weitläufigen Serpentinen durch die beeindruckende Bergwelt.
Bei Kisoro verlassen wir die Hauptstraße wieder. Die letzten vierzehn Kilometer zum MgaHinga Gorilla Nationalpark gehören mit zu den schlimmsten, die ich je gefahren bin. Nur die Strecke entlang der Singhalila Ridge zwischen Manebhanyang und Phalut zum Aussichtsspunkt zum Kangchenjunga im nordindischen Himalaya ist schlimmer.
„Dancing car“ – Chance lacht übers ganze Gesicht. Ich lasse es mir ja nicht anmerken, aber bei dem Geholper kann mir so früh am Morgen das Lachen glatt vergehen. Fast eine Dreiviertelstunde brauchen wir für die vierzehn Kilometer. Beim Aussteigen habe ich das Gefühl kaum noch einen Fuß vor den anderen setzen zu können. Ich stakse daher wie "angeschickert". Das kann ich gerade gar nicht gebrauchen! Auf der gebuchten „Batwa Experience“ sind wir ca. zwei bis drei Stunden zu Fuß in den Wäldern entlang der Berghänge unterwegs.
Das demoralisiert mich noch ein wenig zusätzlich. Die ganze Zeit habe ich schon darüber nachgedacht, ob die Buchung der „Batwa Experience“ das richtige gewesen ist. Bis in die Vor-Nationalparkzeiten haben die Batwas als Jäger und Sammler ausschließlich in den hiesigen Wäldern gelebt. Nach der Gründung des Nationalparks wurden sie zwangsumgesiedelt und in die umliegenden Dorfgemeinschaften integriert. Ich befürchte ein wenig die Zurschaustellung der Batwa-Kultur wie z.B. bei den „Langhals-Frauen“ im Norden von Thailand oder im Westen von Myanmar.
Im Besucherzentrum des Nationalparks treffe ich auf zwei weitere Teilnehmer. Es gibt aber erst mal eine kleine Info-Veranstaltung. Vier stattliche, traditionell gekleidete Batwa-Männer betreten den Raum zusammen mit einem Park-Ranger. Sehr respektvoll sagt er sogleich, dass er hier nur der Übersetzer ist. Die eigentlich wichtigen Personen sind die vier Batwas, die versuchen wollen uns ihre Kultur und Lebensweise anschaulich näher zu bringen und auf der Wanderung zu demonstrieren. Nach einigen erklärenden Informationen soll es losgehen.
Auch hier besteht die Möglichkeit einen Träger zu engagieren. Eigentlich war ich der Meinung, dass das nicht nötig sein würde. Da ich aber immer noch ein wenig wie angeschickert durch die Gegend stakse, ist das vielleicht keine schlechte Idee. Außerdem haben dann die Einheimischen dadurch auch hier die Möglichkeit vom Tourismus ein wenig mehr zu profitieren.
Während der Wanderung legen wir immer wieder kurze Pausen ein. Die Batwas zeigen sehr anschaulich und mit viel Witz und Charme und viel Gestik und Mimik, wie sie in früheren Zeiten gelebt und gejagt haben.
Tief im Wald waren einige kleine Nester aus Geäst aufgebaut, wie die Batwas sie früher als Unterschlupf während mehrtägiger Jagttouren genutzt haben. Sie zeigten uns, wie sie das Wasser sammelten und zu ihren Dörfern brachten und welche Pflanzen ihnen bei Krankheiten und Wehwehchen hilfreich waren
Dabei wechseln sich die vier ab bzw. ergänzen sich. Der Park-Ranger übersetzt tatsächlich nur auf eine sehr wertschätzende und achtungsvolle Art und Weise. Schließlich gelangen wir auf eine herrliche sonnenbeschienene Lichtung, die ideal ist für eine Rast und um ein kleines Lagerfeuer zu entfachen.
Unsere Wanderung führt zu einer großen Höhle, die den Batwas in früheren Zeiten als Versammlungs- und Rückzugsort gedient hat. Hier werden wir von traditionell gekleideten Bawa-Frauen mit einem Tanz und Gesang überrascht. Immer noch tanzend und singend verlassen sie die Höhle und wir folgen ihnen. Draußen gibt es weitere Tänze und Gesänge. Außerdem haben die Frauen Stofftücher und einige schöne handwerkliche Flechtarbeiten ausgebreitet, die sie zum Kauf anbieten. Gerne nehme ich mir hier ein kleines Erinnerungsstück mit. Auch an Trinkgeld ist ein erkleckliches Sümmchen zusammengekommen.
Wie man auch immer zu solchen „Veranstaltungen“ stehen mag – so wie das ganze hier gemacht wird habe ich es nicht als Zurschaustellung empfunden. Es ist informativ und interessant und gleichzeitig für die Einheimischen die Möglichkeit auch hier ein wenig vom Tourismus zu profitieren und zusätzliches Einkommen zu generieren. Ganz wichtig ist es den Batwas selbst auf diese Weise ihre alte Kultur und die ursprüngliche traditionelle Lebensweise auch bei den jungen Leuten noch ein wenig lebendig zu erhalten. Nur zwei von den vier Batwas haben tatsächlich noch das Leben in der Natur als Jäger und Sammler selbst erlebt. Die beiden jüngeren kennen es nur noch vom Hörensagen.
Der Rückweg ist nur kurz. In kaum einer Viertelstunde erreichen wir die Straße, wo Chance schon auf mich wartet. Und schon sitze ich wieder im „dancing car“. Auf gleicher Strecke geht es zurück. Da das Wetter immer noch einigermaßen freundlich ist entscheiden wir uns auch dieses Mal wieder für die Abkürzung hoch über dem Bunyonyi See, denn zu gerne möchte ich sehen, was sich heute Morgen in der Dunkelheit versteckt war.
Die Strecke zum Lake Mburo Nationalpark ist unspektakulär. Auf der gut ausgebauten Straße kommen wir schnell voran. Dafür spielt uns das Wetter einen Streich. Die beginnende Regenzeit macht sich heute sehr nachdrücklich bemerkbar - es regnet Bindfäden - Stunde um Stunde. Je näher wir dem Lake Mburo kommen umso mehr schwindet meine Hoffnung auf besseres Wetter.
Warte mal ab, meint Chance, das Wetter wird bestimmt noch besser. Unglaublich, aber es wurde tatsächlich noch besser - auf den letzten Kilometern vor dem Nationalpark lichten sich die Wolken. Schon gegen Mittag kommen wir an. Wir registrieren uns sofort um Game Drive und fahren los. Der Lake Mburu Nationalpark ist bekannt für seine Zebras. 15.000 sollen es hier im zweitkleinsten Park Ugandas sein. Tatsächlich sind sie fast allgegenwärtig.
Von den Giraffen, von denen es hier auch viele geben soll, lässt sich allerdings keine einzige blicken. Die heben wir uns für morgen auf, meint Chance, die sind meistens einem anderen Gebiet des Nationalparkes unterwegs. Jetzt geht es erst einmal zur Bootsfahrt auf den Lake Mburo. Der entpuppt sich als wahres Paradies für Vogelliebhaber. Selten habe ich so viele Adler gesehen. Aber auch die Hippos und einige Krokodile scheinen sich hier sehr wohl zu fühlen.
Nach der Bootstour fahren wir gleich zum Eagle’s Nest, unserer heutigen Übernachtungs-Lodge. Sie liegt hoch über dem Nationalpark auf einem Hügel. Die Aussicht ist einfach phantastisch von hier oben!
Das Eagle's Nest ist eine etwas einfachere Lodge, aber dafür auch nicht so exorbitant teuer wie einige der Luxus-Lodges, die es hier in der Umgebung auch noch gibt. Der Service, das überdachte, aber rundum offene Restaurant und das Essen sind hervorragend - und dann noch diese tolle Aussicht dazu.
Um kurz nach sieben treffen wir Bonnie am Eingang des Lake Mburu Nationalparkes. Er ist seit zwölf Jahren hier als Ranger unterwegs und kennt die Gegend wie seine Westentasche. Er begleitet uns auf unserem Natur-Spaziergang. Da es hier keine Elefanten, nur einen einzigen Löwen und einige ganz wenige Leoparden gibt, kann man hier sehr gut zu Fuß unterwegs sein. Sogar Safaris per Pferd werden angeboten. Mit seinem Gewehr ausgerüstet steigt er zu uns in den Wagen. Welche Tiere ich denn gerne sehen wolle, fragt Bonnie. Am liebsten Giraffen – gar keine Frage für mich.
Chance fährt in die entsprechende Region des Lake Mburo Nationalparks. Das Auto wird am Pistenrand abgestellt und dann stapfen wir auch schon los. Die erste halbe Stunde ist nichts, aber auch wirklich gar nichts zu sehen.
Dann entdecken wir in der Ferne einige Hälse, die versteckt über die Bäume und Sträucher hinausragen. Sobald wir jedoch näher kommen ziehen sich die Tiere zurück. Nur mit dem Superzoom-Objektiv meiner Panasonic-Kamera lässt sich überhaupt ein Blick auf Giraffen erhaschen. Das habe ich befürchtet, meint Bonnie. Wenn die Giraffen hier zwischen den Bäumen und Sträuchern unterwegs sind, sind sie besonders vorsichtig, da ihr Blick hier nicht so weit reicht. Also sucht er mit dem Fernglas noch einmal ganz genau die Umgebung ab. In einiger Entfernung entdeckt er weitere Tiere in der etwas offeneren Savanne. Wir machen uns auf den Weg.
Und richtig! Hier im offeneren Gelände interessieren sich die Giraffen fast überhaupt nicht für uns. Wir kommen sehr viel näher heran. Lediglich eine Giraffen-Mama mit ihrem noch recht kleinen Kälbchen hält uns ganz genau im Blick. Da wir aber einen gewissen Abstand einhalten berunruhigen wir sie nicht weiter.
Die eineinhalb Stunden Rundgang gehen leider viel zu schnell vorbei. Zu gerne wäre ich noch länger so entspannt zu Fuß unterwegs! Auf dem Rückweg zum Jeep zeigen sich jetzt in der wärmenden Morgensonne doch ein paar Tiere.
Das war also der letzte Nationalparkbesuch auf meiner Reise. Nun geht es zurück nach Entebbe. Ein wenig wehmütig um’s Herz sitzen wir im Wagen und hätten bald die drei herrlichen Kronenkraniche, das Wappentier von Uganda, am Wegesrand übersehen.
Die Fahrt vom Lake Mburo Nationalpark nach Entebbbe ist einigermaßen unspektakulär. Je näher wir der Hauptstadt kommen umso lebhafter wird der Verkehr. Gegen Mittag überqueren wir noch einmal den Äquator im Ort Kayabwe. Hier an eine der Hauptstrecken des Landes hatte man ihm ein sehr viel schöneres Monument errichtet. Für Chance ist eine kleine Foto-Session hier ein Muss. Da stehe ich also mit einem Bein auf der Nordhalbkugel und dem anderen auf der Südhalbkugel unserer schönen Welt und halte den Äquator in meinen Händen...oh, was ist er nur für ein liebenswerter Spaßvogel...
Nach dem Fotostop und einem Snack geht es auch schon wieder weiter. Bei Masaka wenden wir uns in Richtung Norden und fahren in einigem Abstand entlang des Victoria-Sees. Bei Mpigi verlassen wir die Hauptroute und fahren auf einer Piste nach Lulongo am Victoria See. Per Fähre setzen wir über nach Entebbe, das wir in kaum einer halben Stunde erreichen. Super! Damit haben wir uns glatt zwei bis drei Stunden Fahrt im dichten Sonntags-Ausflugsverkehr um die Bucht herum erspart.
Ein letztes Mal früh aufstehen. Was man nicht alles tut, um einen Blick auf die urigen Schuhschnäbel, Ugandas größten Vogel, zu erhaschen. Es soll nur noch wenige Tausend davon geben. Sie leben hauptsächlich im tropischen Afrika in Feuchtgebieten. Zum ersten Mal hatte ich einen im Vogel als Kind bei einem Besuch im Vogelpark Walsrode gesehen. Schon damals war ich so fasziniert, dass ich ihn nie mehr vergessen habe.
Um sieben Uhr bin ich mit Chance verabredet. Am Bootspier des Entebbe Yachtclubs wartet schon der Birdwatching-Guide und der Bootsmann auf uns. Der Motor des urig alten Fischerbootes macht einen Höllenlärm - bringt uns aber zügig voran. So früh am Morgen ist es noch so richtig fies kalt im Fahrtwind auf dem Wasser. Ich kauere mich hinter meinen Rucksack. Alles für die Schuhschnäbel! Chance hat mir viel Hoffnung gemacht...bisher habe er hier noch immer welche gesehen...
Wir überqueren eine weite Einbuchtung des Victoria Sees zum Mbamba Feuchtgebiet. Hier steigen wir in ein kleineres Boot um. Nur damit ist es möglich durch die engen Kanäle und das dichte Schilf zu kommen. Marcus, unser neuer Bootsmann treibt das Boot mit einer langen Stange vorwärts. Das ist harte Arbeit! Nach kaum 10 Minuten sichtet Chance von weitem einen ersten Schuhschnabel.
Ganz langsam und vorsichtig pirschen wir uns mit dem Boot näher heran. Anscheinend war das aber trotzdem nicht vorsichtig genug! Obwohl wir noch in einiger Entfernung sind breitet der riesige Vogel seine Flügel aus und flattert behäbig von dannen. Erstaunt schaut Chance dem Vogel hinterher - normalerweise fliegen die nur sehr selten, meint er. Für das Tier ist das Fliegen ziemlich anstrengend - kein Wunder! Immerhin erreicht ein aufrecht stehender ausgewachsener Schuhschnabel eine Höhe von bis zu 1,40 m und bringt ein Gewicht von bis zu 7 kg auf die Waage. Die wollen erst einmal in der Luft bewegt werden...
Also umdrehen und hinterher! Vielleicht ist der Vogel nach dem ersten Flug ja zu müde, um gleich nochmal in die Luft zu gehen. Weit gefehlt! Also geht es jetzt in eine andere Richtung. Vielleicht finden wir ja einen etwas flug-fauleren Schuhschnabel. Wir finden - kaum 10 Minuten später. Das Tier steht in aller Gemütsruhe im Schilf und nimmt so gut wie keine Notiz von uns. Das eine oder andere Mal beäugt er uns, bleibt aber ansonsten völlig gelassen. Schuhschnäbel sind "Lauer-Jäger" und stehen oft stundenlang regunslos, um auf ihre Beute im Wasser zu warten. Dabei interessieren den unsrigen noch nicht einmal die weiteren Boote, die sich später zu uns gesellen.
Nach unzähligen Fotos machen wir uns auf den Rückweg. Noch ganz freudig über die Schuhschnabel-Begegnung habe ich für andere Vögel kaum einen Blick. Allerdings sind auch keine dabei, die wir nicht schon woanders gesehen haben. Inzwischen steht die Sonne hoch und wärmend am Himmel - so macht das Bootfahren erheblich mehr Spaß.
Nach einemm kurzen Besuch im Covid-Testzentrum gönnen wir uns im Via Via Gästehaus ein leckeres gemeinsames Mittagessen und bestaunen gegenseitig unsere Fotos. Den restlichen Tag verbringe ich mit Müßiggang und Packen.
Mitten in der Nacht steht Chance ein letztes Mal mit seinem Jeep bereit um mich zum Flughafen zu bringen. Der Abschied fällt uns schon ziemlich schwer. Wir haben uns wirklich super verstanden und waren ein richtig gutes Team. Es hat riesigen Spaß gemacht - ihm wie mir - zusammen unterwegs zu sein. Nun heißt es Abschied nehmen von Chance und von Uganda, meinem ersten Reiseziel in Afrika.
Der Turkish Airlines-Flug ist vorbildlich pünktlich. Schade, dass es ein Nachtflug ist. Jetzt noch einen letzten Blick über den Victoria-See zu genießen wäre toll...So geht es während der Nacht wieder zurück nach Istanbul. Nach einem wiederum sehr langen Umsteigeaufenthalt in Istanbul lande ich schließlich gegen 18.00 Uhr am Köln/Bonner Flughafen - nach der herrlichen Wärme in Uganda ein wirklicher Temperaturschock...