Ganz spontan habe ich mich entschlossen über den Jahreswechsel noch nach Nepal zu reisen. Der Flug ist schnell gebucht - Air India über Delhi nach Kathmandu - der Reiseplan mit Hilfe der Freunde aus Kathmandu auch schnell zusammengestellt...und schon bin ich unterwegs.

Nepal Reise-Route 2014 Von Kathmandu nach Gatlang, von dort Beginn des Tamang Heritage Treks, dann zum Chitwan Nationalpark und über Tansen und Bandipur zurück nach Kathmandu.

Die Trekkingtour sollte nur kurz sein und auch nicht allzu anspruchsvoll, da ich Probleme mit dem rechten Fuß habe. Deshalb will ich es wandernd erst einmal langsam angehen lassen. Da scheint mir der Tamang Heritage Trek im Langtang-Gebiet direkt nördlich von Kathmandu genau das richtige zu sein. Die Etappen sind mit 10-15 km nicht allzu lang und die maximale Höhe würde beim Aussichtspunkt Nagthali nur bei knapp 3.200 m liegen. Anschließend würde ich gerne noch einmal zum Chitwan Nationalpark, um mir das neue Island Jungle Resort anzuschauen und weiter nach Tansen und Bandipur.

Jedes Mal wieder drücke ich mir die Nase an der Fensterscheibe im Flieger platt, wenn etwa eine Stunde vor der Ankunft in Kathmandu die ersten  schneebedeckten Eisriesen des Himalaya in's Blickfeld kommen. Heute haben wir dazu noch unglaubliches Glück mit dem Wetter. Die Aussicht ist schön wie selten! Gottseidank konnte ich mir auch dieses mal wieder einen Fensterplatz auf der linken Seite in der Maschine bei Air India reservieren.

Die Mittelgebirge, die dem Himalaya vorgelagert sind, strahlen im morgentlichen Sonnenschein. Wir nähern uns dem Kathmandu-Tal und der Landeanflug ist spektakulär! Die bis knapp 3.000m hoch aufragenden Berge, die das Kathmandu-Tal umgeben scheinen zum Greifen nah. Nicht umsonst zählt der Flughafen in Kathmandu mit zu den schwierigsten auf dieser Welt!

Nach der abenteuerlichen Landung geht es mit dem Shuttle-Bus vom Flugzeug zum Terminal. Die Einreiseformalitäten mit dem "Visa upon Arrival" sind schnell erledigt.

Was für eine Freude nach meiner letzten Nepal-Reise 2011 wieder hier zu sein. Die langjährigen Freunde Ram und Shyam warten schon am Ausgang des Flughafens auf mich.

Es geht zu meiner Lieblingsunterkunft in Kathmandu, dem Nirwana Garden Hotel. Unglaublich, selbst hier im entfernten Kathmandu sieht man jede Menge weihnachtliche Deko. Auch die Lobby im Nirwana Garden Hotel ist mit einem Weihnachtsbaum geschmückt. Wie eine alte Bekannte werde ich an der Rezeption begrüßt, denn seit meiner zweiten Nepal-Reise 1992 bin ich nur noch hier abgestiegen. Ungefragt erhalte ich sogleich den Schlüssel zu meinem Lieblingszimmer mit eigener kleiner Dachterasse. Das ist für mich schon ein bisschen wie "Nach-Hause-Kommen"! 

Nachdem ich kurz mein Gepäck auf mein Zimmer gebracht habe geht es gleich zurück in die Lobby. Hier war inzwischen auch Ram Singh eingetroffen, der mich als Trekkingguide auf dem Tamang Heritage Trek im Langtang-Gebiet begleiten sollte. Da wir morgen eine lange Fahrt vor uns haben würden verabredeten wir uns für 4.00 Uhr am frühen Morgen.

Bei einem so frühen Aufbruch morgen gibt es nur noch einem kurzen Rundgang im Thamel, ein paar kleine Einkäufe und einem kleinen Happen im nahegelegenen Everest Steakhouse.

Nach der gestrigen Ankunft und der langen Anreise ist das Aufstehen um 3.00 Uhr in der Nacht eine echte Herausforderung. Aber das Reisefieber hat mich gepackt! Ich bin sehr gespannt auf den geplanten Tamang Heritage Trek. Auf meiner Nepal-Reise 1999 war ich durch Helambu in's östliche Langtang-Gebiet gewandert bis hinauf nach Kyanging Gompa. Jetzt würde ich das östliche Langtang-Gebiet erkunden auf der "anderen" Seite des Trisuli-Flusses.

2014 - Trekkingguide Ram Singh in Nepal Ram Singh war einer der besten Trekkingguides, mit denen ich jemals in Nepal unterwegs war. Er war immer gut drauf, unglaublich nett, kannte sich hervorragend aus und wusste sich in jeder Situation zu helfen.

Ram Singh wartet schon in der Lobby und auch Fahrzeug und Fahrer sind schon da, so dass es sofort losgehen kann. Mit Ram Singh verstehe ich mich auf Anhieb prächtig. Wir haben auf Anhieb jede Menge Gesprächsstoff, so dass die Fahrt durch die Dunkelheit sehr kurzweilig ist und wir Gelegenheit haben, uns schon mal etwas näher kennenzulernen..

Fast menschenleer sind die sonst so belebten Gassen von Kathmandu. Wir fahren nordwärts und nach einer knappen Stunde lassen wir das Stadtgebiet hinter uns. Ab Trisuli Bazar, da im tiefen Flusstal des Trisuli-Flusses gerade mal auf 540 m liegt, geht es ununterbrochen bergauf. Obwohl es langsam zu dämmern beginnt ist die Sicht gleich Null. Dichte Wolken wabbern durch das Tal des Flusstal. Doch mit jedem Meter bergauf werden die Wolken lichter und ganz plötzlich stehen wir im hellen Licht der Morgensonne. Was für traumhafte Ausblicke!

Inzwischen haben wir uns bis auf fast 2.000 m Höhe auf der engen Serpentinen-Straße hinauf gearbeitet. Nach einer weiteren Kurve ist es dann endlich soweit - die ersten schneebedeckten Berge des Langtang-Gebirges zeigen sich.

Nachdem wir schon einige Stunden Fahrt hinter uns gebracht haben gönnen wir uns In Dhunche, dem Hauptort hoch über dem Trisuli-Fluss, erst mal eine kleine Pause und einen Tee. Es herrscht eine beschauliche Betriebsamkeit. Viele der Einheimischen haben sich zunächst einmal ein gemütliches Plätzchen gesucht, um die ersten wärmenden Sonnenstrahlen zu genießen.

Hinter Dhunche geht es wieder hinunter in's tiefe Tal. In spektakulären Serpentinen windet sich die Straße fast 500 Höhenmeter bergab, um dann dem Trisuli flussaufwärts zu folgen.

Bei Syabrubensi verlassen wir das tief eingeschnittene Tal wieder und wenden uns westwärts auf einer "dirt road" in Richtung Gatlang. In steilen Serpentinen führt die Straße von 1.460 m hinauf bis zum Rongga Bhanjyang-Pass auf 2.237 m. Mit jedem Meter bergauf wird der Blick zurück in's Tal und über die Langtang-Berge spektakulärer. Bis nach Syabru und dem Laurebinia-Pass reicht der traumhafte Blick. Am liebsten würde ich an "jeder Ecke" anhalten, um die herrliche Szenerie mit Fotos festzuhalten und zu genießen.

Nach dem Rongga Bhanjyang-Pass weitet sich die Landschaft ein wenig und die Staubpiste führt entlang des Berghanges. Zunächst fällt der Blick über das schöne Chilimi-Tal und schließlich über das Gatlang-Tal. Ram Singh hatte schon ganz begeistert von dem schönen Tamang-Dorf Gatlang erzählt, in dem wir heute übernachten. Ein Großteil der urigen Steinhäuser sind noch ganz traditionell mit Holzschindeln gedeckt.

Gegen Mittag erreichen wir Gatlang. Mehrer Trekkinglodges liegen oberhalb des traditionellen Dorfkernes direkt an der Straße. Kaum, das wir angehalten haben kommt eine der Lodge-Wirtinnen auch schon strahlend aus dem Haus, um uns ihre Zimmer anzubieten. Ram Singh scheint sie recht gut zu  kennen und so bleiben wir gleich hier. Die Zimmer haben mich hier in dieser abgelegenen Gegend wirklich überrascht. Einige haben sogar ein eigenes kleines ganz einfaches Badezimmer mit einer Toilette für gerade einmal fünf Euro.

Nach einem Tee und einer Nudelsuppe wollen wir noch die Umgebung erkunden. Ram Singh schlägt den Aufstieg zum heiligen See Parvati Kundh vor. Eigentlich soll das ja nur eine halbe Stunde dauern - aber ich brauchte fast eine Stunde. Der Aufstieg fiel mir einigermaßen schwer. Obwohl die Höhe mit 2.238 m in Gatlang ja noch völlig unproblematisch ist, komme ich ganz schön in's Schnaufen - muss immer wieder stehen bleiben, um nach Luft zu schnappen. Dafür werden die Ausblicke aber auch mit jedem Schritt grandioser und sind jede Mühe wert!

Mindestens so schön wie die Landschaft sind aber auch die Begegnungen mit den Menschen, die wir unterwegs treffen.

 

Es war kalt in der Nacht! Gottseidank hat Ram mir in Kathmandu einen richtig warmen Schlafsack besorgt. Noch ahnte ich ja nicht, wie sehr ich den noch brauchen würde...

Bevor wir Gatlang nach einem deftigen Frühstück verlassen möchte ich das Dorf noch ein wenig erkunden. So stromern wir durch die Gassen und zwischen den urigen Häusern umher. Von den Einheimischen werden wir überall mit einem herzlichen "Namaste" oder auch mit dem tibetischen "Tashi Delek". begrüßt. In den nördlichen Regionen Nepals leben von je her viele Tibeter. Hier im Langtang-Gebiet ist das überwiegend der Volksstamm der Tamang, zu dem auch Ram Singh gehört. Mit seiner freundlichen, lustigen und sehr gewinnenden Art war es daher leicht mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen. 

Es ist schon kurz vor elf Uhr als wir uns endlich von dem schönen Dorf und dessen netten Einwohnern losreissen können. Wir brechen auf in Richtung Gonggong Hill, dem heute geplanten Übernachtungsort. 

2014 - Chorten im Gatlang-Tal Einfache steinerne Chorten geschmückt mit Gebetsfahnen und Reisig säumen den Weg von Gatlang nach Goljung.

Ein breiter angenehmer Weg führt von Gatlang auf 2.238 m durch die herrliche Landschaft sanft bergab. Regelmäßig säumen Chorten, Gebetsfahnen und Manimauern den Weg. Der Ausblick auf die Langtang-Berge bleibt uns noch eine ganze Weile erhalten. Nach gut zwei Stunden erreichen wir den Chilimi, den Hauptort im gleichnamigenTal auf 1.762 m. Im Ort ist es durch intensive Bauarbeiten in der Umgebung ziemlich laut und staubig. Es werden Zufahrtsstraßen für ein neues Wasserkraftwert gebaut, das in einigen Jahren die ganze Umgebung mit Strom versorgen soll.

Deshalb gehen wir hinauf in den alten Teil des Ortes, der sehr viel schöner ist. Hier gibt es noch einige derselben urigen Steinhäuser wie in Gatlang. Allerdings sind die Dächer meistens schon mit Wellblech gedeckt. Die Einheimischen schauen neugierig. Europäer kommen bisher eher selten hierher, erzählt Ram Singh. Hauptsächlich sind auf dieser Route nepalesische Pilger unterwegs nach Tatopani. Im Nepalesischen bedeutet Tatopani so viel wie "heißes Wasser". Damit sind die heißen Quellen gemeint, denen eine heilende Wirkung zugesprochen wird.

Nach einigem Suchen finden wir einen kleinen Laden, in dem wir einen Tee und eine Nudel-Gemüse-Suppe bekommen können. Chilimi liegt in einem tief eingeschnittenen Tal, so dass die hoch aufragenden Berghänge schon am frühen Nachmittag ihre Schatten über den Ort werfen. Sobald die Sonnenstrahlen nicht mehr hierher gelangen wird es bitterkalt.

Deshalb brechen wir recht schnell wieder auf. Auf einer Hängebrücke überqueren wir den Chilimi-Fluss und stapfen auf der anderen Talseite den steilen Berghang hinauf. Hier können wir noch die wärmenden Strahlen der Sonne genießen. Immer wieder werden wir von Nepalesen überholt, die in einem unglaublichen Tempo den Berghang hinauf laufen. Einige von ihnen wollen heute noch bis Tatopani laufen.

Ich selbst bin inzwischen einigermaßen langsam unterwegs. Mein rechter Fuß bereitet mir heftige Schmerzen. Da kommt mir ein kleines Gästehaus auf halber Höhe am Berghang für eine Teepause ganz gelegen. Aber auch die Speisekarte sieht ganz verlockend aus und so kommt noch eine Portion Bratkartoffeln dazu.

Nach einer kurzen Unterhaltung mit der Wirtsfamilie schlägt Ram Singh vor, dass wir hier übernachten.

2014 - Gästezimmer im Cherka Gästehaus in Gonggong Hill Das einzige Gästezimmer ist recht klein und sehr einfach. Hier ist die Toilette noch in einem kleinen Häuschen im Garten untergebracht.

Es gibt allerdings nur ein einziges ganz einfaches Gästezimmer, so dass er auf einer Matraze in der Küche übernachten müßte. Er versichert nachdrücklich, dass das überhaupt kein Problem sei. Das Toilettenhäuschen befindet sich einige Meter seitlich vom Haus im Garten. Die Familie mit drei Kindern scheint recht arm zu sein und so freuen wir uns, dass wir Ihnen mit dem Übernachtungsgeld und den Mahlzeiten zu einer kleinen Extra-Einnahme verhelfen können.

Jetzt am Morgen bei Sonnenaufgang zeigt sich erst die einzigartig schöne Aussicht von unserem Gästehaus über das Chilimi-Tal. Die gerade erst aufgegangene Sonne taucht das Tal in ein bezauberndes Licht.

Unsere heutige Tagesetappe nach Tatopani ist nicht allzuweit. Ram Singh meint, dass selbst ich mit meinem Schneckentempo das in ca. drei bis dreieinhalb Stunden schaffen müsste. So können wir uns noch etwas mehr Zeit lassen und in aller Gemütlichkeit in der Morgensonne frühstücken. Die Nacht war wieder recht kalt gewesen und so sind die wärmenden Sonnenstrahlen auf dem Rücken ein echter Genuss.

Von den insgesamt 450 m Aufstieg vom Chimili-Tal bis nach Gonggong Hill hatten wir gestern noch knapp die Hälfte hinter uns gebracht. Die restlichen 250 Höhenmeter sind keine besondere Herausforderung mehr. Nach ca. einer Stunde ist es geschafft. In einem sanften Bergauf geht es dann ca. zwei Stunden entlang des Berghanges mit herrlichen Ausblicken über die Landschaft.

 

Am frühen Nachmittag kommen wir in Tatopani an, das auf ca. 2.600 m liegt. Eine beachtliche Anzahl von Lodges und Gästehäusern gruppieren sich um die heißen Quellen.

Ein schönes Gästehaus ist schnell gefunden. Den restlichen Nachmittag nutzen wir mit großem Vergnügen für ein Bad in den heißen Quellen von Tatopani. Jetzt im tiefen Winter zum Jahreswechsel sind nur wenige Besucher hier, so dass ich eines der Becken ganz für mich alleine habe.

Leider kann man derzeit hier kein Bad mehr nehmen. Bei dem verheerenden Erdbeben 2015 in Nepal, sind die heißen Quellen verschüttet und die Badebecken zerstört worden. Messungen haben ergeben, dass die heißen Quellen nun ca. zwei Meter unter der Erdoberfläche liegen. Es ist geplant, das heiße Wasser demnächst durch Rohre wieder zur Oberfläche zu leiten und neue Badebecken anzulegen. 

Im Laufe des Nachmittages waren Wolken aufgezogen und es war ziemlich winding und kalt geworden. Deshalb ließen wir es uns nach dem ausgiebigen Bad in unserem Gästehaus gut gehen.

Wir brechen früh auf. Nagthali, unser heutiges Etappenziel liegt auf knapp 3.200 m. Lt. Ram Singh sollten wir das in ca. 3-4 Stunden schaffen. Der Himmel ist immer noch wolkenverhangen. So hoffen wir inständig auf besseres Wetter, denn Nagthali ist einer der schönsten Aussichtspunkte während des gesamten Tamang Heritage Treks. Der Blick soll von hier aus in nahezu alle Richtungen über die Eisriesen des Himalaya reichen. Außerdem wollen wir vielleicht auch noch auf einen Aussichtspunkt auf ca. 3.700 m wandern.

Zunächst führt der Weg durch dichten Rhododendron-Wald. Im Frühjahr muss die Rhododendronblüte hier richtig schön sein. Der Pfad dient gleichzeitig auch als Verbindungsweg zwischen den einzelnen kleinen Dörfern, so dass wir immer wieder auf Einheimische treffen, die hier unterwegs sind.

Nach gut einer Stunde lichtet sich der dichte Bergurwald und gibt die Sicht frei zurück auf das Chilimi-Tal und das kleine Bergdorf Brimdang.

Es gibt nur wenige Häuser in Brimdang und momentan auch nur wenige Einheimischer. Da in den Wintermonaten in den Bergen nicht allzuviel zu tun ist, sind viele in den größeren Orten und Städten unterwegs, um etwas Geld zu verdienen. Hauptsächlich sind es die älteren Tamang-Frauen, die im Dorf geblieben sind und  nach dem Rechten sehen. Ram Singh hat sogleich nach einem wärmenden Tee Ausschau gehalten und ist im Langtang Cafe fündig geworden. Es ist allerdings kein Cafe im eigentlichen Sinne, sondern die Stube eines Wohnhauses, die gleichzeitig Küche, Gebets- und Schlafraum einer älteren Tamang-Frau ist.

Es scheiint sich herumgesprochen zu haben, dass Fremde im Dorf angekommen sind und so sind einige herbei geeilt, um einmal neugierig zu schauen...

Da immer dichtere Wolken aufziehen machen wir uns trotz der netten Gesellschaft im Dorf schnell wieder auf den Weg. Ram Singh befürchtet, dass es schneien könnte. Er meint zwar, dass das Schneefall eigentlich um diese Zeit recht ungewöhnlich sei, aber die Wolken erzählten ihm etwas anderes und in Zeiten von Klimawandel...

2014 - Trekkiing-Guide Ram Shing Als Ram Singh dann noch aufstand und auf dem Ast im Stehen balancierte wurde mir schon beim Hinschauen schwindelig.

2014 - Trekkiing-Guide Ram Singh Ram Singh saß anscheinend der Schalk im Nacken, denn er saß seitlich vom Weg auf einem Ast im Baum über dem Abgrund.

Trotzdem oder vielleicht gerade wegen dieser schlechten Wetterprognosen scheint ihm der Schalk im Nacken zu sitzen. Wie so manches Mal ist Ram Singh etwas schneller als ich unterwegs und schon ein wenig voraus gegangen. Plötzlich höre ich es seitlich über dem Abgrund in den Bäumen rascheln... Ich kann mir kaum erklären, wie er dorthin geklettert sein konnte. Als er dann auch noch aufstand und auf einem Bein auf dem Ast balancierte wurde mir schon beim Hinschauen ganz schwindelig. Ein weiter behender Sprung und er stand wieder wohlbehalten auf dem Pfad.

Eine kurze Strecke hinter Brimdang beginnt der Aufstieg nach Nagthali. Noch gut 350 Höhenmeter gilt es zu überwinden. Je höher wir aufsteigen je kälter und windiger wird es. Dann tanzen die ersten Flocken vom Himmel...noch zaghaft, aber Ram Singh mahnt zur Eile. Als wir auf der kleinen Hochebene von Nagthali ankommen ist aus dem Wind ein Sturm geworden, der dichtes Scheegestöber vor sich hertreibt. Hier oben liegt inzwischen auch erster Schnee.

Als wir das Gästehaus angekommen hat es gerade einmal fjür einen kurzen Moment aufgehört zu schneien. Da nutze ich sogleich die Gelegenheit und mache noch ein paar Fotos von der Umgebung. Wie unglaublich schön muss die Aussicht bei klarem Wetter sein!

Es gibt nur zwei Gästehäuser in Nagthali. Eines ist noch geöffnet und bewirtschaftet. Die Zimmer sind sehr einfach, was eigentlich kein Problem ist. Allerdings sind die Wände nur mit grob behauen Holzplanken gezimmert worden. Teilweise klaffen breite Ritzen zwischen den einzelnen Planken, durch die es heftig zieht und der Wind teilweise sogar den Schnee hinein weht. Ich schaue mir sämtliche Zimmer an und wähle das, das am dichtesten ist...

Unsere Gästehaus-Wirtin ist hochschwanger und ganz alleine hier oben. Morgen will sie nach Thuman absteigen, wo ihre Familie wohnt. Sie bereitet uns auf der einfachen Feuerstelle ein wirklich schmackhaftes Dhal Bhat. Es schneit wieder. Der Wind pfeift durch die Ritzen zwischen den Holzplanken, die auch diesen Raum zieren. Wir kauern uns alle drei zusammen dicht um die Kochstelle herum. Immer wieder besorgte Blicke nach draußen. Schneegestöber - Stunde um Stunde. Irgendwann muss das doch mal aufhören, denken wir - hoffen wir. Zu gerne würden wir morgen noch die klare Sicht auf die Umgebung genießen und dann auch nach Thuman absteigen.

Wir vertreiben uns die Zeit - erzählen uns Geschichten, machen einfache Spiele oder lernen einander deutsche, englische und nepalesische Worte. Endlich ist die Zeit für's Abendessen gekommen. Wir sind dankbar für jeden Zeitvertreib. Meine Wasserflasche lasse ich mir mit heißem Wasser füllen und deponiere sie zum Aufwärmen in meinem Schlafsack bevor ich selbst hinein krieche.

Auch während der Nacht schaue ich immer mal wieder aus dem Fenster - die Hoffnung wird mehr und mehr vom Schneegestöber begraben. Am Morgen dasselbe Bild. Zum Frühstück versammeln wir uns wieder am Ofen. Der Abstieg nach Thuman ist nicht ohne. Es sind zwar nur wenige Kilometer, aber es geht steil bergab - von knapp 3.200 m auf fast 2.300 m. Der Weg ist bestimmt noch nicht gespurt und Gamaschen haben wir beide nicht dabei und auch keine Handschuhe. Ram Singh hat nicht einmal hohe Wanderschuhe an sondern nur Halbschuhe, da er mit Schneefall und so großer Kälte überhaupt nicht gerechnet hat...

Deshalb beschließen wir, dass wir heute noch hier oben ausharren. Vielleicht ist es ja morgen besser. Bei Sonnenschein würde der Schnee wahrscheinlich innerhalb kürzester Zeit wegtauen. Aber es schneit - Stunde um Stunde - mal etwas mehr - mal etwas weniger. So verbringen wir den Tag wie gestern. Nur die Zeit verringt noch etwas zäher. 

Irgendwann kommt ein Nachbar vorbei. Das bringt wenigstens etwas Abwechslung - aber auch eine interessante Nachricht. Morgen Vormittag soll ein Helikopter aus Kathmandu mit einer Warenlieferung kommen - wenn es das Wetter denn zulassen sollte. Auf dem Rückweg nach Kathmandu sind noch einige Sitzplätze frei, die für kleines Geld vergeben werden. Da müssen wir nicht lange überlegen - da sind wir dabei!. Auch unsere Wirtin entschließt sich mitzufliegen. Sie hat Verwandte in Kathmandu, bei denen sie unterkommen kann. Ganz alleine will sie hochschwanger den Abstieg nach Thuman auf den verschneiten Pfaden auch nicht wagen.

Also schlagen wir uns heute irgendwie noch irgendwie "die Zeit um die Ohren" und hoffen, dass das Wetter wenigstens für den Helikopter gut genug sein wird. Ram Singh holt alle notwendigen Informationen ein und wir bereiten alles für unseren morgigen Flug vor.

2014 - Nagthali und Umgebung Schließlich reißen die Wolken doch ein wenig auf und die Umgebung mit dem urigen Steinhaus und dem herrlich rot schimmernden Baum sieht gleich viel freundlicher aus.

Auch in dieser Nacht hat es weiter geschneit. Allerdings ist es inzischen etwas wärmer geworden. Auch der Sturm hat nachgelassen und Tauwetter hat eingesetzt. Es liegt heute nicht mehr Schnee als gestern. Der hat sich allerdings jetzt in eine rutschige "Pampe" verwandelt. Wir packen unsere Sachen und bereiten auch sonst alles vor. Frühzeitig stapfen wir in Richtung Hubschrauber-Landeplatz. Was für ein Gerutsche und Geschlitter! Was bin ich froh, dass wir nicht nach Thuman absteigen müssen. Gottseidank reißen sogar die Wolken ein ganz klein wenig auf. Durch ein kleines Wolkenloch zeigt sich etwas Blau.

Was sind wir froh, als wir endlich im Helikopter sitzen und gen Kathmandu fliegen.

Am frühen Nachmittag landen wir am Flughafen in Kathmandu. Ram und Shyam warten schon und wir fahren gemeinsam in's Hotel. Dann gilt es zu überlegen, was ich mit der "gewonnenen" Zeit anfange. Ich entschließe mich alles wie geplant beizubehalten jedoch im Chitwan Nationalpark etwas länger zu bleiben.

Den Rest des Tages verbummele ich bei den sehr viel angenehmeren Temperaturen in Kathmandu.

Und schon sind wir wieder unterwegs! Ram hat uns für die Fahrt zum Chitwan Nationalpark ein Fahrzeug mit Fahrer organisiert. Um halb sieben brechen wir auf, um die Rush-Hour zu vermeiden. Unsere Rechnung geht auf. Ohne nennenswerten Stau kommen wir aus Kathmandu und dem Kathmandu-Tal heraus. Das hatte ich in der Vergangenheit auch schon ganz anders erlebt. Etwa 180 km sind es bis zum Chitwan Nationalpark. Knapp 100 km davon fahren wir auf dem Trisuli Highway, der Kathmandu und Pokhara miteinander verbindet und teilweise entlang des Trisuli-Flusses führt

Nach gut drei Stunden gönnen wir uns allen eine kleine Pause und einen Tee in Mugglin.

In Mugglin verlassen wir die Hauptstrecke und biegen in Richtung Süden ab. Dabei bleibt der Trisuli bis zum Chitwan Nationalpark unser Begleiter. Hier mündet er in den Gandaki Fluss, der durch das Naturschutzgebiet fließt und Nepal dann  in Richtung Indien verläßt. In Indien fließt er dann in den Ganges.

Karte Chitwan Nationalpark mit Bufferzone Karte vom Chitwan Nationalpark mit den darum herum liegenden Bufferzones, die einer eingeschränkten Nutzung durch die Landbevölkerung unterliegt.

Gegen Mittag erreichen wir den Chitwan Nationalpark, der für seine Panzernashörner bekannt ist. Aber auch wilde Elefanten, jede Menge Antilopen, Tiger, Leoparden, Bären, Krokodile und die seltenen Gaviale haben hier einen Rückzugsort gefunden. 1973 wurden 932 qkm unter dem Namen "Royal Chitwan Nationalpark" zum ersten Naturschutzgebiet Nepals erklärt.

Viele Male war ich in den letzten Jahren schon hier. Meistens bin ich im Island Jungle Resort abgestiegen. Seinerzeit lag das Resort auf einer riesigen Insel im Narayani Fluss innerhalb des Parks. Als vor einigen Jahren sämtliche Lodges und Resorts innerhalb des Parks aus Naturschutzgründen verboten wurden, hieß es umziehen. Das neu errichtete Island Jungle Resort liegt jetzt ganz idyllisch am nördlichen Rand des Nationalparks direkt am Ufer des Narayani-Flusses in der sog. "Bufferzone". Jetzt in der Winterzeit hatten wir das Resort fast für uns alleine.

Die recht einfachen Zimmer sind in kleinen Bungalows untergebracht, die sich um einen schönen und naturbelassenen Garten gruppieren.

Da ich jetzt nach dem Umzug das erste Mal hier bin gehe ich erst einmal auf Erkundungstour im Resort und der Umgebung. Die Lage am Fluss ist einmalig. Eine wohltuende Ruhe und Naturidylle umgibt uns. Schnell habe ich auch gleich meinen Lieblingsplatz gefunden.. Was für ein schöner Blick über den Fluss.

Das Highlight im Island Jungle Resort sind für mich die Elefanten-Safaris. Das Resort hat mehrere eigene Elefanten, mit denen die sog. "Elephant Back Safaris" unternommen werden. Sich in aller Ruhe und Gemächlichkeit von den beeindruckenden Dickhäutern durch die Natur tragen zu lassen und dabei dann noch dem Sonnenauf- oder -untergang entgegenzureiten, ist unbeschreiblich! Die Tiere des Dschungels nehmen uns Menschen auf dem Elefantenrücken gar nicht war. So sind die meisten Begegnungen mit den Wildtieren viel entspannter und vor allem auch gefahrloser.

Es ist immer wieder ein besonderes Erlebnis die gewaltigen Panzernashörnern zu sehen. Jedes Mal wieder bin ich froh, das vom sicheren Elefantenrücken aus tun zu können. Ausgewachsene "Rhinos" (Rinozerosse) können bis zu 3,7 m lang werden und erreichen eine Schulterhöhe von bis zu 1,8 m.und ein Gewicht von über zwei Tonnen. Dabei gelten sie als ziemlich reizbar. Das habe ich vor einigen Jahren am eigenen Leib auf einem "Jungle-Walk" erfahren dürfen...

 

Aber wir waren auch zu Fuß und mit dem Boot unterwegs auf Beobachtungstour.

Am Abend schlägt uns unser Safari-Guide vor, einige der Dörfer in der Umgebung zu erkunden. Sehr gerne!

Der Volksstamm der Tharu

Ich hatte schon viel von den Tharu gehört. Schon seit Urzeiten sollen sie hier im Süden Nepals und im angrenzenden Indien gelebt haben. Wegen ihrer Naturverbundenheit werden die ursprünglichen Bewohner des Dschungels auch "Menschen des Waldes" genannt. Sie waren die ersten, die es geschafft haben in den ehemaligen Malaria-Gebieten zu überleben. Ihre einzigartige Resistenz gegen diese Infektionskrankheit ist sieben Mal höher als bei anderen Menschen. Der Grund dafür ist bis heute noch nicht eindeutig erforscht.

2014 - Tharu-Frau mit Kind im Chitwan Nationalpark Sehr berührt haben mich die Begegnungen mit den außerordentlich freundlichen Tharus - hier eine Frau mit Ihrem Baby.

Dadurch konnten die Tharu lange Zeit autark hier leben und ihre traditionelle Kultur pflegen. Erst als in den 50er und 60er Jahren die Malaria durch Einsatz von Insektengift nahezu ausgerottet wurde drängten auch andere Menschen hierher um eine neue Heimat zu finden. Heute sind die Tharu überwiegend Bauern. Durch ein effizientes System zur Bewässerung ihrer Felder mit hunderten von Kilometern an Kanälen nutzen sie die Wasser-Recourcen sehr effizient. Hauptsächlich wird Reis, Mais, Senf und Linsen.

Größtenteils leben die Tharu bis heute noch in ihren ganz traditionellen Häusern, die sie aus den vorhandenen natürlichen Rohstoffen bauen. Die Wände sind aus Lehm, der Dachstuhl aus Holz und das Dach wird mit Stroh gedeckt. Regelmäßig erhalten die Wände eine neue Schicht aus einem Lehm-Dunggemisch. Dann werden sie mit Erdfarben bemalt und mit Schutzzeichen versehen. Meistens sind das die Abdrücke des Handrückens. Der Boden rund um und in den Häusern halten die Tharu ganz besonders sauber damit sie giftige Tiere und Ungeziefer schnell erkennen können.

Tief berührt hat mich jedoch die natürliche Freundlichkeit der Tharu und die herzliche Aufnahme, die wir überall gefunden haben.

Zurück im Island Jungle Resort und am Fluss verabschiedete sich der Tag mit einem traumhaften Sonnenuntergang.

2014 - Fahrt nach Tansen Auf der Fahrt vom Chitwan Nationalpark nach Tansen geht es durch das nepalesische Tiefland durch einige wenig ansehnliche Orte entlang der Straße.

Nach einem frühmorgentlichen Dschungelspaziergang und einem ausgiebigen Frühstück brechen wir auf. Das Gepäck ist verladen und 130 Kilometer liegen vor uns. Zunächst fahren wir etwa im nepalesischen Tiefland, dem Terai, in Richtung Westen. Die Orte entlang der Straße sind wenig einladend - meistens nur eine Häuserreiche entlang der Straße. Durch die Niederschläge vor einigen Tagen, die im Himalaya als Schnee gefallen sind, haben sich stellenweise wahre Schlamm- und Matschlöcher entlang der Straße gebildet.

Nach etwa 80 km erreichen wir Batuwa, eine ziemlich große Stadt. Die Straße führt hier sogar zweispurig in jede Richtung durch den Ort. Wir nehmen den Abzweig in Richtung Norden. Kaum dass wir die Stadt verlassen haben geht es beständig und kurvenreich bergauf in das nepalesische Mittelgebirge. Mit jedem Meter hinauf wird die Landschaft interessanter und schöner. Von gerade einmal 200 bis 300 m über dem Meeresspiegel im Tiefland geht es in gerade einmal 40 km hinauf bis auf etwa 1.600 m in Tansen.

Kurz nach Mittag kommen wir an. Die Stadt liegt mitten in den Mahabharat-Bergen an einem steilen Berghang und zieht sich bis hinauf auf eine keine Hochebene. Das erinnerte mich sogleich an die Hillstations in Indien.

Das Fahren in den engen Gassen der Stadt ist eine Kunst! Das Horizon Homestay liegt hoch über der Altstadt. Es geht steil hinauf - richtig richtig steil! Nach einer der vielen engen Kurven haben wir einfach nicht mehr genügend Schwung. Auf halber Strecke bleiben wir hängen. Wir lassen den Wagen zurückrollen und versuchen es erneut - mehrfach - keine Chance. Schließlich steigen Ram Singh und ich lieber aus. Vielleicht klappt's ja mit etwas weniger Gewicht. Im dritten Versuch hat unserer Fahrer es dann irgendwie geschafft...

2014 - Zimmer im Horizon Homestay in Tansen Es gibt vier Gästezimmer im Horizon Homesty in Tansen. Die sind recht einfach, aber sehr sauber und gemütlich.

Wir werden schon erwartet. Was für ein herzlicher Empfang. Unser Gastgeber geleitet uns ins Haus und erstmal auf unsere Zimmer. Vier Gästezimmer gibt es hier im Horizon Homestay - jeweils mit Gemeinschaftstoilette und Gemeinschaftsdusche. Mein Zimmer ist recht einfach - aber sehr sauber und auch recht gemütlich. Ein köstlicher Duft aus der Küche zieht durch's ganze Haus. Dem Duft muss ich nachgehen, denn mein Magen knurrt - schließlich ist MIttagszeit. So lande ich fast auf direktem Weg in der Küche und von dort auf der sonnenbeschienen Terasse mit einem Teller köstlichen Dhal Bhat und einer herrlichen Aussicht über die Stadt.

Gleichzeitig werden wir mit vielen Informationen und Tipps für unsere Besichtigungstour in Tansen versorgt. Im 16. Jahrhundert war der Ort die Hauptstadt des alten Magar-Königreiches Tanahun. Später, im 18. Jhd. profitierte sie von ihrer Lage an der alten Handelsstraße zwischen Mustang und Indien. Vom einstigen Wohlstand zeugen noch heute die gut erhaltenen Newar-Häuse mit ihren kunstvoll geschitzten Türen und Fensterrahmen. In der quirrligen Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen fühlt man sich noch heute zurückversetzt in eine alte Zeit. 2008 wurde die gut erhaltene Altstadt zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt.

Sehenswert war auch der Marktplatz mit dem Sitalpati, einem achteckigen Pavillon.

Ziemlich lange schlenderten wir durch die lebhaften Gassen der Altstadt. Es begann schon zu dämmern als wir zum Homestay zurückkamen. Noch einmal kamen wir in den Genuss eines herrlichen nepalesischen Abendessens. Schon allein wegen der wirklich guten nepalesischen Hausmannskost kann ich das Homestay wirklich empfehlen.

Wer es lieber etwas komfortabler hat für den gibt es auch einige Hotels, die schöne Zimmer mit eigenem Bad bieten wie z.B. das Palpali Hotel mitten in der Stadt oder das Srinagar Hotel etwas außerhalb auf dem Srinagar Hill mit tollem Blick über die Stadt.

2014 - Blick über Tansen kurz vor Sonnenaufgang Im Vordergrund der Ort Tansen, der sich über den Bergkamm und den Berghang hinunter zieht und im Hintergrund ein Meer aus Wolken, das das tiefe Tal beddeckt.

Um sechs Uhr klingelt mein Wecker! Um halb sieben warten auch schon die beiden Ram's auf mich. Wir fahren hinauf zum Srinagar Hill, dem höchsten Punkt in der ganzen Umgebung. Genau der richtige Platz, um den Sonnenaufgang zu erleben. Es dämmert schon ein wenig als wir dort ankommen. Ram Singh geht direkt zum Srinagar Hotel. Man erlaubt uns auf die Dachterasse hinaufzusteigen. Von hier oben ist der Ausblick ein Traum! 360°-Rundumblick! Sogar bis zu den Eisriesen des Himalaya. Die schneebedeckten Eiskappen beginnen gerade mit den ersten Strahlen der Morgensonne zu leuchten, während die ganze Umgebung ansonsten noch fast im Dunkeln liegt. Unfassbar schön!

Unfassbar schön ist es auch von hier oben auf die dichte Wolkendecke zu schauen, die tief unter uns die Täler bedeckt. Die Einheimischen nennen diese Wolken den "weißen See".

Zurück im Homestay wartet schon das Frühstück auf der sonnigen Dachterasse auf uns. Dann machen wir uns sogleich auf den Weg in Richtung Bandipur. Etwa 200 km liegen vor uns. Der Blick auf die "weißen Seen" begleiten uns noch eine ganze Weile. Erst später am Morgen löst sich der Nebel auch in den tieferen Tälern langsam auf. Zunächst geht es in Richtung Norden. Kurz vor Pokhara biegen wir in Richtung Osten ab. Auf der Hauptstrecke, die Pokhara und Kathmandu miteinander verbindet, fahren wir noch etwa 50 km bis wir nach Bandipur wieder für eine kurze Strecke in Richtung Süden abbieben.

Das Bergstädtchen Bandipur ist eine malerische kleine Newar-Stadt, die auf einem schmalen etwa 200 m langen Bergsattel thront. Auf gut 1.000 m liegt sie idyllisch zwischen zwei Berggipfeln des Maharbharat-Gebirges.

Nach der Hektik der Hauptverkehrsstraße mutet das autofreie Bandipur wie ein kleines Wunder an. Eine wohltuende Ruhe umfängt einen. Als einzige Stadt in Nepal hat Bandipur schon vor vielen Jahren den Autoverkehr komplett aus dem Ort verbannt. Beim Bummel entlang der idyllischen Hauptstraße kann ich mich kaum sattsehen. Die liebevoll restaurierten Häuser stammen noch aus der Zeit, als Bandipur eine wichtige Station auf der Handelsroute zwischen Tibet und Nordindien war. Früher lebten hier wohlhabende Kaufleute. Heute gibt es hier viele kleine Geschäfte, Handwerkerläden, Cafés, Restaurants und Gästehäuser. 

Der Besucher findet eine Interessante Mischung aus Geschichte, alter Newar-Architektur und schönen Ausblicken auf die Umgebung und den Hochhimalaya. Bei klarem Wetter reicht der Blick von Bandipur vom 8.000er Eisriesen des Dhaulagiri über die Annapurna, den Manaslu bis zum Langang-Gebirge. 

Wir waren im Bandipur Mountain Resort untergekommen. Von der Dachterasse und auch einigen der Zimmer  war der Blick in Richtung Himalaya grandios.

2014 - Old Inn Hotel in Bandipur Das urgemütliche und ganz im nepalesischen Stil gehaltene Hotel ist sehr empfehlenswert. Die Zimmer sind genauso gemütlich wie der Innenhof und das hoteleigene Restaurant.

Allerdings hatte ich an der Hauptstraße in Bandipur auch zwei sehr schöne Heritage-Hotels gesehen. Neugierig waren wir hinein gegangen und waren ganz begeistert von den urgemütlichen Unterkünften. Da gibt es einmal das Old In (siehe Bild rechts) und das  das Gaun Ghar. Eine wirklich schwere Wahl zwischen dem tollen Himalaya-Blick der Hotels außerhalb des Ortes und den schönen zentral gelegenen Unterkünften ganz im traditionellen nepalesischen Stil direkt an der autofreien ruhigen Hauptstraße.

Leider hatten wir nicht viel Zeit, um Bandipur zu erkunden. Zu gerne würde ich noch einmal wiederkommen und auch ein paar Wanderungen in die idyllische ländliche Umgebung unternehmen. So soll z.B. vom Dorf Ranibahn die Aussicht auf die Berge besonders schön sein.

Beim Abendessen in unserem Bandipur Mountain Resort komme ich mit dem Eigentümer des Resorts in's Gespräch. Da kann ich mir nicht verkneifen anzumerken, dass seine Unterkunft ja doch ein wenig "in die Jahre gekommen" sei. Ja, meinte er, er mache sich schon seit einiger Zeit Gedanken über Renovierungsmaßnahmen. Er überlege vor allem, WIE und in welchem Stil er renovieren solle. Auf meinem Tablett zeige ich ihm einige Bilder von anderen Unterkünften, die mir auf meinen Reisen in Asien sehr gut gefallen haben. Ganz besonders haben es ihm die Bilder vom Mandala Ou Resort in Laos angetan - die schlichte und einfache, aber doch sehr stylische Art der Zimmer gefielen ihm sehr...

Als wir auf die schöne Aussicht zu sprechen kommen, die die exponierte Lage seines Resorts bietet, zeigt er mir ein Panoramafoto vom Himalaya, wie er sich von hier aus bei klarem Wetter präsentiert. Er hatte das Foto aufwendig aus verschiedenen Bildern zusammengesetzt - einfach super schön und er hat es mir gerne geschickt.

Früher Aufbruch am Morgen. Wir wollen nicht viel Zeit verlieren und evtl. noch gegen Mittag in Kathmandu ankommen. Dort stromere ich noch ein wenig durch die Straßen des Touristenviertels Thamel, verbringe einen Abend mit Ram und Shyam und ihren Familien und auch Ram Singh lädt mich ein zu einem ungewungenen Abendessen zu sich und seiner Familie.

Und dann sind die zwei Wochen in Nepal auch schon wieder vorbei und ich sitze im Flieger zurück nach Deutschland. Wie immer drücke ich mir die Nase an der Scheibe des Fliegers platt mit sehnsuchtsvollen Blicken in Richtung Himalaya...

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