Nach meinem ersten beeindruckenden Besuch in Nordostindien 2012 in Nagaland und Assam war für mich klar, dass ich unbedingt auch die anderen Bundesstaaten der "Seven Sisters kennenlernen musste. Trotzdem hat es noch über zehn Jahre gedauert bis ich mir diesen Reisetraum erfüllen konnte und das gleich anlässlich mindestens drei verschiedener Stammesfeste.
Das phantastische Hornbill-Fest in Kohima im Nagaland hatte mich seinerzeit so begeistert, dass ich nun gerne in Arunachal und Assam weitere Feste von anderen Stammesvölkern kennenlernen wollte. Besonders gerne nutzen die Menschen in Arunachal die Zeit des scheidenden Winter vor der Aussaat, um mit ihren Festen die Geister um eine gute Ernte zu bitten.
So reiht sich im Februar ein Fest an das andere. Unsere Reise haben wir - eine gute Freundin und ich - entsprechend geplant und so warten nun vier Feste an verschiedenen Orten und bei unterschiedlichen Stammesvölkern auf uns. Wir sind voller Erwartung als es endlich soweit ist und wir in Frankfurt in den Flieger steigen.
Von Deutschland nach Dibrugarh im hintersten Winkel von Indiens Nordosten zu gelangen war schon immer aufwendig. Jetzt in der "Nach-Corona-Zeit" mit einem immer noch etwas ausgedünnten Flugplan ist es noch einmal mehr eine Herausforderung.
Dibrugarh ist eine vergleichsweise kleine Stadt und wird höchstens ein bis zweimal pro Tag angeflogen. Um ohne Zwischenübernachtung hinzukommen haben wir uns nach langem Suchen für einen Flug mit Emirates von Frankfurt nach Delhi mit Umsteigen in Dubai entschieden. Die sechs Stunden Umsteigezeit in Delhi haben wir uns mit den Einreiseformalitäten für Indien, Bummeln durch die Geschäfte und einigen leckeren Masala Chais vertrieben.
Schließlich geht es mit Vistara Airlines endlich weiter nach Dibrugarh. Noch einmal zweieinhalb Stunden Flugzeit. Nach einer Stunde erste Blicke auf den Himalaya. Erst sind es die schneebedeckten Eisriesen von Nepal - allerdings ziemlich weit weg und nur schemenhaft zu erkennen. Dann kommen wir aber dem Himalaya über Nordostindien näher und wir drücken uns die Nasen an der Scheibe platt.
Endlich Landung in Dibrugarh - nach über 30 Stunden, wenn man die Anreise nach Frankfurt mitrechnet. Unser Gepäck kommt gottseidank recht schnell und vollständig.
Am Ausgang wartet auch schon Michi auf uns. Er hatte mich schon vor zehn Jahren auf meiner ersten Reise nach Nordostindien in Nagaland und Assam als Guide begleitet. Er ist aber nicht nur Guide sondern gleichzeitig auch Reiseagentur in einer Person. Auf die drei Wochen mit ihm als Guide unterwegs zu sein freue ich mich riesig, nachdem wir in den letzten Jahren immer Kontakt per E-Mail gehalten haben.
Er hat auch gleich unseren Fahrer Lalan mitgebracht. Lalan ist ein ganz netter. Ihn lernen wir dann auch gleich als einen durchaus rasanten, aber sehr sicheren Fahrer kennen. Vom Flughafen geht es gleich weiter zum Dibru Saikhowa Nationalpark, denn im vergleichsweise uninteressanten Dibrugarh wollen wir nicht bleiben.
Am frühen Abend - es ist schon fast dunkel - kommen wir an und beziehen gleich unsere Zimmer im Banashree Eco Camp, das direkt am sandigen Ufer des Brahmaputra und gleichzeiti am Rande des Nationalparks liegt. Viel mehr als das Abendessen ist für heute allerdings nicht mehr drin - wir wollen nur noch eins - schlafen...
Heute im Nachgang zu der sehr langen und anstrengenden Reise würde ich eher empfehlen mit einem Direktflug von Frankfurt nach Delhi zu fliegen. Das dauert gerade einmal siebeneinhalb bis max. acht Stunden und eine Stopover-Übernachtung in einem der zahlreichen Hotels in Flughafennähe wie z.B. das Ashok Country Resort. Das ist sehr viel entspannter - schließlich werden wir alle nicht jünger... Am Folgetag würde ich dann nach einer gemütlichen Nacht im Hotel weiterfliegen nach Dibrugarh. Die Flüge nach Delhi sind sehr viel günstiger als die Kombination mit dem internationalen Flug und dem innerindischen Flugticket. Selbst mit der Hotelübernachtung und den Transfers zwischen Flughafen und Hotel in Delhi ist es in den meisten Fällen noch kostengünstiger.
Von Dibrugarh liegt der Dibru Saikhowa Nationalpark gerade einmal 51 km östlich - vom Flughafen Dibrugarh sind es sogar nur 42 km. Die haben wir gerne gleich nach unserer Landung in Kauf genommen, denn auf eine Übernachtung in der Stadt haben wir nur wenig Lust. Da ist ein Nationalpark sehr viel verlockender. Der größte Teil des Nationalparks liegt auf einer großen Insel im Brahmaputra und umfasst eine Fläche von 765 km², wovon 340 zu der sog. Kernzone gehören. So unbekannt und auch vergleichsweise klein der Dibru Saikhowa Nationalpark ist, so gehört er doch zu den neunzehn "Hot-Spots" der Artenvielfalt auf dieser Erde. Schon alleine unglaubliche 382 Vogelarten wurden hier gesichtet. Hinzu kommen aber auch noch Großwild wie Elefanten, wilde Büffel, der bengalische Tiger, Leoparden und auch Nebelparder.
Als Unterkunft haben wir das Banashree Eco Camp ausgewählt, da es direkt am Ufer des Brahmaputra und damit an der Grenze zum Dibru Saikhowa Nationalpark liegt. Am Morgen schauen wir uns hier erst mal richtig um denn gestern bei unserer Ankunft im Halbdunkeln haben wir nicht mehr allzuviel sehen können.
Die sechs kleinen Bungalows sind recht einfach und verfügen jeweils über drei Betten und ein eigenes Bad/WC. Sogar eine warme Dusche gibt es, wenn man den Boiler einschaltet. Richtig gut ist aber das Essen hier.
Da wir hier nur einen Tag Zeit haben verzichten wir auf eine tagfüllende Wanderung im Dibru Saikhowa Nationalpark selbst. Dafür besuchen wir schon früh am Morgen ein Dorf des Moran-Stammes in der sog. "Buffer-Zone" des Nationalparkes. Sobald die Sonne aufsteigt wird es lebhaft in den Baumwipfeln. Es wimmelt nur so von Hoolock-Gibbons. Sogar einige Mütter mit ihren Babys sind dabei.
Auch Hornbills soll es hier geben. Da ich diese imposanten Vögel so gerne mag erkundigt sich Michi direkt mal bei den Einheimischen nach den Tieren und führt uns dann in ein Privathaus. Hier turnen zwei kleinere Hornbills auf dem Dach herum.
Die beiden sind vor einigen Wochen bei einem heftigen Sturm aus dem Nest gepustet worden und dabei hier auf dem Dach gelandet. Da die beiden jugendlichen Vögel noch nicht richtig flugfähig sind haben sie leider keine Chance in ihr Nest zurückzukehren. Sie werden von den Hausbewohnern gefüttert und auch hin und wieder von ihren Hornbill-Eltern besucht.
In Maguri Beel, einem großes Feuchtgebiet am Rande des Nationalparks teilen sich Mensch und Tier den Lebensraum. Von Oktober bis März überwintern hier viele Zugvögel aus den nördlichen Gebieten des Himalaya, Tibet und sogar der Mongolei.
Mit dem Boot gehen wir auf Erkundungstour.
Auf dem Rückweg zum Banashree Eco Camp fahren wir durch das Dorf Torajan des Moran-Stammes. Auf dem Festplatz sind viele Menschen versammelt. Alle sind in Weiß gekleidet. Natürlich halten an. Wir hören Musik. Michi fragt nach und erfährt, das gerade die Kirten-Zeremonie stattfindet, mit der die im letzten Jahr Verstorbenen geehrt werden. Er erhält auch die Zustimmung, dass wir den Festplatz betreten dürfen.
Es ist unblaublich wieviel Aufmerksamkeit man uns beiden Touristinnen schenkt. Viele wollten uns aus der Nähe sehen, uns mit ihren Smartphones, die fast überall präsent sind, fotografieren oder am besten gleich ein Selfie mit uns machen. Aus allen Richtungen hören wir "Selfie please!".
Das ganze ufert sehr schnell aus. Michi meint dann einigermaßen dringlich, dass wir jetzt unbedingt fahren müssten. Im Auto erklärt er uns dann, dass die Priester und Dorfältesten etwas verärgert waren, weil die Dorfbewohner uns sehr viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt hatten als der sehr bedeutenden Zeremonie.
Den Tag lassen wir mit einer schönen Bootstour auf dem Brahmaputra ausklingen. Wir haben sogar das Glück Flussdelphine zu sehen, aber leider sind die viel zu flink und tauchen viel zu schnell wieder unter als dass wir auch nur die Spur einer Chance hätten sie auf ein Foto zu bannen. Dafür sehen wir aber Vogelkolonien auf eine der Sandbanken im Fluss und einen wunderbaren Sonnenuntergang.
Wir sind auf dem Weg vom Dibru Saikhowa Nationalpark in Richtung Norden nach Roing, um dort morgen das Reh-Festival des Idu Mishmi-Stammes zu erleben. Unterwegs machen wir einen Abstecher nach Namsai. Um die Goldene Pagode Kongmu Kham des Tai Kampti-Stammes zu besuchen nehmen wir den kleinen Umweg gerne in Kauf.
Fast fühlen wir uns nach Myanmar versetzt. So sehr erinnert die Goldene Pagode an das Nachbarland, das im Süden an diesen Teil Indiens grenzt. Kein Wunder, denn die Ahnen der Tai Kampti sind im 18. Jhd. von Myanmar in diese Region von Arunachal Pradesh eingewandert.
Die Pagode mit ihren Pavillons und dem heiligen Tempelteich liegt ganz idyllisch in einem sehr gepflegten 20 Hektkar großen Garten.
Besonders angetan sind wir von dem kleinen Pavillon hinter der Goldenen Pagode auf der gegenüberliegenden Seite des kleinen Tempelteichs.
Bemerkenswert ist auch die gewaltige Buddha-Statue in einem etwas abseits liegenden Gebäude. Sie ist mit mit über dreizehn Meter die größte Bambus-Buddha-Statue der Welt. Ein Team von 50 Handwerkern und Künstlern arbeiteten fast zwei Jahre an ihrer Fertigstellung.
Roing ist der Hauptort im Distrikt Lower Dibang Valley in Arunachal Pradesh. Die Kleinstadt hat ca. 15.000 Einwohner und liegt noch im Flachland vor den Südhängen der Himalaya-Vorberge. Hier lebt hauptsächlich der Volksstamm der Idu Mishmis, aber auch einige Dörfer der Adis sind hier zu finden.
Direkt nach dem Frühstück fahren wir zum Festplatz etwas außerhalb der Stadt, wo das Reh-Fest gefeiert wird. Offizieller Beginn bei den meisten Festen in Arunachal Pradesh ist zehn Uhr. Um halb zehn ist der Festplatz überraschenderweise fast noch leer gefegt.
Das Reh-Fest ist eines der bedeutendsten des Idu Mishmi-Stammes und wird einmal im Jahr jeweils am 1. Februar gefeiert. Nach dem Glauben der Idus sind sie alle Kinder der göttlichen Mutter "Nanyi Inyitaya". Niemand kann deren Segen erlangen ohne eine spezielle Gebetszeremonie oder die Teilnahme an einem Reh-Fest.
An dem imposanten Eingangstor ganz aus Bambus stehen erste Festteilnehmer Spalier, um die Besucher zu begrüßen. Wir haben das Gefühl, dass wir bestaunt werden wie das "siebte Weltwunder". Touristen sind hier noch eher die Ausnahme, meint Michi zu uns. Dann füllt sich der Festplatz allerdings recht schnell.
Aus dem großen, ganz aus Bambus errichteten Haus hören wir Gesang. Schon seit gestern und während der ganzen Nacht sollen die Geister mit rituellen Beschwörungen gnädig gestimmt werden. Es wird um ein ein gelungenes Fest, eine gute Ernte und alles Gute für die Stammesmitglieder gebetet.
Gleichzeitig ist das Haus Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens auf dem Fest. Jeder schaut hier vorbei, um zumindest kurzzeitig den Priesterbeschwörungen zu lauschen. Hier wird der traditionelle Reiswein vergoren, der für alle Besucher kostenlos ist und schon am frühen Morgen in wohlgefüllten Bambus-Rohrstücken ausgegeben wird. Außerdem finden hier die Tieropferungen statt.
Als erste Musik aus den Lautsprechern ertönt finden sich ganz spontan fast alle Festbesucher zu einem ersten gemeinsamen Tanz zusammen.
Das offizielle Programm auf dem Reh-Festival findet allerdings auf der großen Bühne statt. Neben Ansprachen und der Begrüßung von Ehrengästen treten mehrere verschiedene Tanzgruppen aus verschiedenen Dörfern des Idu Mishmi-Stammes auf.
Inzwischen ist der Festplatz gut gefüllt mit Besuchern aus den umliegenden Dörfern. Die meisten tragen ihre traditionelle Festkleidung. Am interessantesten sind aber eindeutig die Männer in ihrer traditionellen Jagd- und Krieger-Tracht. Da dürfen Pfeil und Bogen oder das allgegenwärtige Langmesser auf keinen Fall fehlen.
Die Erinnerungen an ein so schönes Fest müssen natürlich festgehalten werden. Mit großer Begeisterung sind die Einheimschen mit den Kameras ihrer Smartphones unterwegs. Überall stellt man sich in Positur und das große Fotografieren geht los. Auch wir müssen "dran glauben", denn nahezu von jedem werden wir um ein Selfie gebeten. Dadurch haben wir aber auch die Möglichkeit viele schöne Fotos ganz unaufdringlich zu machen.
Am nächsten Morgen vor unserer Weiterfahrt nach Pasighat schauen wir noch einmal kurz auf dem Festplatz vorbei. Auf dem Balkon des Bambus-Hauses liegen die abgetrennten Köpfe von zwei Mithuns. Michi erfährt, das die beiden Tiere gestern Abend noch ganz traditionell vom Priester geweiht und unter Gebeten geopfert wurden. Mit dem Opfer sollen die Geister gnädig gestimmt werden. Das Fleisch wurde dann auch ganz traditionell unter den Dorfbewohnern aufgeteilt.
On the road again! Es sind nur 95 km von Roing nach Pasighat. Früher gehörten diese 95 km mit zu den abenteuerlichsten Strecken der ganzen Tour. Nach seinem langen Weg durch die Berge des Vorhimalaya erreicht der Brahmaputra hier unter dem lokalen Namen Siang die Ebene. Gleichzeitig münden hier eine Vielzahl von weiteren Flüssen aus allen Himmelsrichtungen in den Brahmaputra.
Es ist noch gar nicht allzu lange her, dass Brücken über die vielen Flüsse, die es zu überqueren gilt, eher die Ausnahme als die Regel waren. Flussdurchfahrten durch die kleineren Zuflüsse des Brahmaputra gehörten deshalb zum Tagesprogramm genauso dazu wie einige Fährüberfahrten der ganz "besonderen Art". Von guten Freunden, Helga und Uwe, mit denen ich auch schon in West-Myanmar im Land des Chin-Volkes unterwegs war, hatte ich dazu einige abenteuerliche Schilderungen gehört und Bilder gesehen. Die beiden waren viele Male in Arunachal Pradesh unterwegs und hatten es noch selbst erlebt... Da wurden tatsächlich zwei Boote miteinander vertäut, um das Auto mit dieser fragwürdigen Konstruktion über den Fluss zu transportieren. Das hätte ich zu gerne noch selbst erlebt.
Inzwischen sind die Straßen auf der ganzen Strecke neu asphaltiert und es gibt Brücken über alle Flussbetten. Das hat natürlich den ganz großen Vorteil, dass viel mehr Zeit bleibt für Besichtigungen und Besuche in den Stammesdörfern unterwegs und rund um Pasighat.
Wir kommen den Bergen des Vorhimalayas heute schon ein gutes Stück näher. Gleichzeitig fahren wir weite Strecken durch scheinbar menschenleeres Gebiet. Dafür ist die Landschaft bedeckt mit dichtem Grün und einem fast unberührten Bergurwald.
In der Nähe von Pasighat besuchen wir noch ein Dorf des Adi Parsi-Stammes, dass sich idyllisch an einen Hang schmiegt. Es ist spät am Nachmittag und viele der Einheimischen sind schon wieder zurück im Dorf nach getaner Arbeit.
In fast jedem Haus findet man auch heute noch einen Webstuhl. Die Stoffe für die traditionelle Trachten werden sehr häufig noch nach althergebrachter Weise selbst gewebt. Auf Michis Nachfrage dürfen wir der Frau des Hauses gerne dabei ein wenig über die Schulter schauen.
Das traditionelle Haus der Adi-Stämme ist fast ausschließlich aus Naturmaterialien gebaut. Die Stelzen sind üblicherweise aus dicken Bambusstangen. Etwas besser situierte Familien nutzen heutzutage häufig Holzbalken oder auch Zementsäulen. Die Wände sind meistens aus Bambus-Matten oder aus dicken Holzplanken. Das Dach wird üblicherweise mit Palmblättern gedeckt. Allerdings kommt auch immer häufiger Wellblech als Dacheindeckung zum Einsatz - mit allen Vor- und Nachteilen...
Schon früh am Morgen sind wir unterwegs zu einem wirklich schönen Dorf des Adi Minyong-Stammes außerhalb von Pasighat.
Hier machen sich einige Männer des Dorfes fertig, um für uns ihren Kriegstanz, den "Tapu War Dance" zu tanzen. Dabei tragen sie ihre traditionelle Tracht und vor allem auch den außergewöhnlichen Feder-Kopfschuck. Heutzutage wird diese spezielle Tracht nur noch zu ganz besonderen Gelegenheiten und Festen getragen und natürlich auch gerne, wenn Gäste ins Dorf kommen.
Der Tapu War Dance dauert zwar gerade einmal fünf Minuten, aber danach lassen sich die stolzen Krieger gerne noch fotografieren und posieren mit uns vor der Kamera. So können wir uns auch den traditionellen Schmuck einmal näher anschauen.
Die Kappe dieses stolzen Kriegers ist neben dem Wildschweinfell, den Wildschweinhauern und dem prächtigen Federn zusätzlich noch mit dem Schnabel eines Hornbills geschmückt. In früheren Zeiten war es durchaus üblich Hornbills zu jagen und die Schnäbel als Trophäe zu tragen. Seit vielen Jahren stehen Hornbills jedoch unter Naturschutz. Deshalb werden heutzutage viele Kappen mit aus Holz geschnitzten Schnäbel geschmückt. Hier handelt es sich jedoch um einen echten, der schon viele, viele Jahre alt sein muss.
Auch bei diesem Leoparden-Kiefer handelt es sich noch um einen echten, der sehr alt sein muss. Man nahm seinerzeit die Gebisse als Trophäe, wenn es gelungen war einen Tiger oder Leoparden zu erlegen. Da auch die Großkatzen in Indien schon seit vielen Jahrzehnten unter strengem Naturschutz stehen, werden heutzutage auch solche gerne aus Holz geschnitzt oder aus Kunststoff gefertigt.
Bei unserem Spaziergang durch das hübsche Dorf zurück zum Auto überholt uns ein ganz besonderer Radfahrer. Schön, den netten Herrn noch einmal zu sehen. Er steigt ab und ist sehr interessiert etwas mehr über uns und unseren Besuch zu erfahren. Wie gut, dass sich Michi gut mit den Einheimischen verständigen kann.
Nach diesem schönen Tagesauftakt machen wir uns auf den Weg nach Along.
Die Erwartungen sind hoch. Michi hatte uns gestern Abend die heutige Fahrt als eine der landschaftlich schönsten der gesamten Tour angekündigt. Er muss es wissen - er ist seit über 15 Jahren als Guide im gesamten Nordosten Indiens unterwegs. Wir sind gespannt.
Kaum in Pasighat gestartet überqueren wir auch schon den Brahmaputra, der hier von den Einheimischen Siang genannt wird, auf einer neuen Brücke. Dann führt die Straße in Serpentinen hinauf in die Vorberge des Himalaya. Schon bald genießen wir einen ersten Blick aus der Vogelperspektive hinunter auf die Ebene. Hier erreicht der Brahmaputra nach seiner langen Reise vom Kailash über das tibetische Hochplateau und quer durch den östlichen Himalaya erstmals die Ebene. Ab jetzt fließt er sehr viel gemächlicher dem Ganges-Brahmaputra-Delta entgegen und sammelt unterwegs das Wasser von vielen kleineren Zuflüssen.
Die abenteuerliche Straße windet sich höher hinauf und ist gesäumt von dichtem Bergurwald soweit das Auge reicht. Hin und wieder können wir einen kurzen Blick tief hinunter ins Tal erhaschen, in dem der Brahmaputra gemächlich dahin fließt.
Nach einer Weile lichtet sich der Bergurwald und wir erreichen ein weites Hochtal. Noch ein Stück weiter und der Brahmaputra zeigt sich auch wieder und ein kleines Dorf in der Ferne. Whow! Was für ein Ausblick!
In dem kleinen Adi Minyong-Dorf, das wir schon von weitem sehen konnten, machen wir Halt. Es ist richtig was los im Dorf. Ein Großteil der Dorfbewohner ist gerade mit dem gemeinschaftlichen Hausbau beschäftigt. Hausbau ist in den Stammesdörfern immer Gemeinschaftsarbeit. Der zukünftige Hausbesitzer besorgt die Materialien. Es wird viel Bambus benötigt, den die Natur reichlich und kostenlos bietet. Daraus werden die Stützen und der Rahmen gebaut und die Matten für die Wände geflochten. Aus Palmenblätter wird das Dach eingedeckt.
Außerdem steht heute großer "Dorf-Putz" auf dem Programm. Eine Gruppe von Frauen ist mit Beuteln und Säcken im ganzen Dorf unterwegs um allen Müll aufzusammeln. Das machen sie alle zwei Wochen, um ihr Dorf sauber und ordentlich zu halten.
Auch die Älteren bringen sich an diesem Gemeinschaftstag ein, denn es gilt auf die Kinder aufzupassen und ein wenig Hausarbeit zu verrichten.
Auf unserer weiteren Fahrt kommen wir dem Brahmaputra wieder etwas näher und besuchen eine der letzten großen Fußgänger-Hängebrücken über den Fluss.
Stolze 250 m ist die Hängebrücke lang und bietet tolle Ausblicke flussauf- und flussabwärts in das Tal des Brahmapatra zwischen den tief eingeschnittenen Bergen.
Leider ist es nicht mehr die alte, noch viel urtümlichere Bambus-Brücke, die viele Jahrzehnte den Bewohnern der ganzen Umgebung als Abkürzung über den Bahmaputra gedient hatte. Die wurde vor einigen Jahren von einem großen Hochwasser weggespült und inzwischen durch die neue ersetzt. Von Bekannten, die vor einigen Jahren in Arunachal Pradesh unterwegs waren habe ich noch Fotos von der alten Brücke bekommen.
Am späten Nachmittag erreichen wir den Siyom-Fluss, der hier in den Brahmaputra fließt. Hier verlassen wir den Brahmaputra-Fluss und folgen dem Siyom flussaufwärts in Richtung Westen.
Kurz vor Along, unserem heutigen Ziel, taucht die tief stehende Sonne den weit verzweigten Siyom-Fluss in eine herrliche Abendstimmung.
Unser Aufenthaltstag in Along beginnt mit dem Besuch in einem Dorf des Adi Galong-Stammes. Die Dörfer der Adi Galong sind bekannt für ihre wirklich großen und sehr schönen Häuser.
Bei unserem Rundgang erfahren wir, das heute ein wichtiger Tag ist. In einem anderen Teil des Dorfes laufen gerade die Vorbereitungen für das Papin-Fest, das nur alle vier bis fünf Jahre so groß gefeiert wird. Wir begeben uns sogkeich dorthin und Michi fragt erst einmal vorsichtig nach, ob wir als Besucher willkommen sind. Ja, wir sind sehr willkommen. Der Dorfvorsteher kommt persönlich, um uns zu begrüßen.
Schon seit gestern Abend beschwört der große Priester der Adi Galong zusammen mit seinen Gehilfen die Geister mit ihrem Gesang.
Natürlich darf auch der Reiswein nicht fehlen. Das ist ja schon so etwas wie das Nationalgetränk bei nahezu allen Stammesvölkern hier im Nordosten. Etwas abseits sind einige Frauen entsprechend emsig damit beschäftigt, das Gebräu in großen Mengen herzustellen und in große Kübel abzufüllen.
Auch für das leibliche Wohl ist bestens für alle Festbesucher gesorgt. Gegen Mittag beginnt die Essensausgabe, das etwas abseits des Festgeschehens in riesigen Töpfen von den Männern gekocht wird. Eine große Portion Reis ist dabei in ein Bananenblatt gewickelt. Das Bananenblatt wird auseinander gefaltet und dient als Teller, auf dem noch eine kleine Portioin Fleisch und Reis hinzukommt.
So langsam geht es auf den Höhepunkt des Festes zu. Es sollen ein Mithun, mehrere Schweine und Hühner geopfert werden. Viele der Festbesucher sind deshalb jetzt noch einmal emsig damit beschäftigt kleine Opfergaben für die angerufenen Geister zu basteln. Dazu wird Reisstroh und in schmale Streifen geschnittener Bambus genutzt.
Gegen drei Uhr am Nachmittag ist es dann soweit. Das Mithun, das bis jetzt etwas abseits des Festgeschehens friedlich gegrast hat, wird herbeigebracht. Es soll die erste und bedeutendste Opfergabe des heutigen Tages werden. Es ist auffällig, wie rücksichtsvoll - ja gerade liebevoll - die Adis das Mithun dabei behandeln. Es wird langsam und vorsichtig an den Opferplatz geführt. Unter beruhigendem Streicheln und Salzgaben mit der Hand wird das Tier angebunden...
Es berührt uns sehr, wie freundlich wir von den Adi Gallong auf dem Fest als unerwartete Überraschungsgäste aufgenommen werden. Wir können uns überall frei bewegen und werden von allen immer wieder mit einem strahlenden Lächeln bedacht.
Schließlich neigt sich der offizielle Teil des Festes dem Ende zu. Wir machen uns auch auf dem Weg zurück nach Along. Um uns in unsere Unterkunft, ein sehr schönes Homestay zurückzuziehen, ist es noch ein wenig früh. Da statten wir doch lieber dem Bazar in Along noch einen Besuch ab.
Hier gibt es auch noch einige ganz besondere Leckereien...
Wie wär's denn zur Abwechslung mal mit geräucherter Ratte? Oder vielleicht geräuchertes Eichhörnchen? Ansonsten sind auch noch Käfer im Angebot, die in belüfteten PET-Flaschen verkauft werden.
Nach einigem Überlegen ziehen wir doch gebratene Momos mit einer tibetischen Gemüsesuppe vor!
Michi hatte uns vorgewarnt! Die nächsten beiden Fahrtage werden schlimm. Fast die gesamte Strecke vom Along nach Daporijo und dann von Daporijo nach Ziro ist eine einzige große Baustelle. Heute heute ist die erste dieser beiden Etappen dran - von Along nach Daporijo. Vorsichtshalber fahren wir schon um halb sieben los...man weiß ja nie, was einen so alles erwartet...
Frühstück gibt es so früh in unserem Homestay noch keins. Kein Problem meint Michi...wir haben Tütensuppen im Auto und auch noch ein paar Eier und Tomaten. Das reicht, um uns bei nächstbester Gelegenheit ein einfaches Frühstück zu bereiten. Also halten wir in einem seinfachen Restaurant unterwegs. Das Restaurant ist wirklich sehr einfach und so nimmt Michi die Küche lieber gleich selbst in Beschlag. Kaum eine Viertelstunde später stehen vier dampfende Nudelsuppen, verfeinert mit Eistich und Tomanten sowie unser geliebter Masala Chai auf dem Tisch.
Schon wenige Kilometer hinter Along endet die gut asphaltierte Straße. Wir holpern über die teilweise grob in die Berghänge hinein gebaggerten Trassen für die neue Straße. Jede Kurve bietet neue Überraschungen. Zwischendurch immer wieder Straßensperren und Warten wegen der anstehende Baggerarbeiten...
Dabei führt unser Weg durch eine beeindruckende Berglandschaft. Dichter Bergurwald soweit das Auge reicht. Über 50% von Arunachal Pradesh sollen noch von einem nahezu unangetasteten Bergurwald bedeckt. Da schlagen die Straßentrassen, die jetzt neu gebaut werden, tiefe Wunden in die Natur und die schönen Wälder. Aber in einigen Jahren wird sich die Natur hoffentlich die kahlen Hänge zurück erobert haben und wieder mit Grün überwuchern.
Weitab von den größeren Orten liegen immer wieder kleine Dörfer verstreut in der endlosen Waldlandschaft. Eine willkommene Unterbrechung der rumpeligen Fahrt durch die endlosen Baustellen.
Da werden wir immer wieder neugierig beäugt, nett angesprochen oder sogar mal ins Haus eingeladen.
Nach 150 km und über sechs Stunden staubiger Rumpelfahrt kommen wir endlich in Daporijo an und beziehen sogleich unsere Zimmer im Singhig Hotel.
Der Hauptgrund für unseren Besuch in Daporijo ist das Boori Boot-Fest des Nyishi-Stammes, einem der größten Stammesgruppen in Arunachal. Mit dem Fest wird der Frühling willkommen geheißen. Gleichzeitig um eine gute Ernte gebeten. Dabei glauben die Nyishi, dass die Götter und Göttinnen im Februar den Menschen am meisten zugeneigt sind.
Unser Hotel liegt in Laufweite zum Festplatz. Also schlendern wir gemütlich durch die Gassen von Daporijo Um zehn Uhr soll es losgehen. Unterwegs begegnen wir schon einer ersten Gruppe festlich gekleideter junger Frauen, die singend durch die Straßen ziehen. Sie sind anscheinend so überrascht Fremde hier zu sehen, dass sie für einen Moment vergessen weiterzusingen.
Auf dem Festplatz ist schon einiges los. Vor allem Nyishi-Frauen aus den verschiedenen Dörfern der Umgebung haben sich bereits zusammen gefunden. Sie tragen ihre traditionelle Kleidung, die von Dorf zu Dorf etwas unterschiedlich ist.
Die meisten der Nyishi-Frauen haben im Schatten Platz genommen und warten unter viel Getuschel auf den offiziellen Beginn des Festes.
Lange hält es die Frauen des Nyishi-Stammes nicht auf ihren Plätzen. Viel zu groß ist ihre Neugier mit den beiden fremden Frauen in Kontakt zu kommen und vor allem die viel begehrten Selfies zu machen. Erst stehen einige der etwas forscheren Damen auf, um uns um ein Selfie zu bitten. Dabei kokettierten sie auch gerne mal vor unseren Kameras. Dann kommen auch einige Herren dazu.
Das Fest wird eröffnet mit einem traditionellen Tanz der Männer des Nyishi-Stammes. Dann folgt ein großes gemeinsames Tanzreigen der Frauen aus den verschiedenen Dörfern.
Später am Tag versammeln sich die Festbesucher am Opferplatz. Es werden die Vorbereitungen getroffen für die große Tieropferung. Der Priester und seine Gehilfen beschwören die Geister mit Ihren Gesängen. Hoffentlich lassen sich die Geister gnädig stimmen für die Tieropfer, die dann dargebracht werden.
Gegen Ende des Festes stellen sich viele der Nyishi-Frauen noch einmal zusammen um ein letztes Erinnerungsfoto zu machen.
Der Festplatz leert sich langsam und auch wir machen uns auf den Rückweg zum Hotel. Dabei kommen wir am Bazar vorbei.
Unterwegs begegnen wir dann noch einmal den netten Nyishi-Frauen. Auf dem Rückweg zu ihrem Dorf ziehen sie singend durch die Straßen von Daporijo.
Heute also die zweite der Baustellen-Fahretappen von Daporijo nach Ziro. In der Nacht hatte es auch noch angefangen zu regnen. Am Morgen regnet es noch immer. Michi befürchtet schlimmes. 160 km sind es von Daporijo nach Ziro. Die Fahrt durch die Berglandschaft ist bestimmt beeindruckend. Sehen können wir davon nichts außer den dichten Wolken und den Nebelschwaden, die über die Berge wabbern.
Wie bei der letzten Etappe holpern wir von einer Baustelle direkt in die nächste. Geteerte Passagen sind rar. Lalan quält unser Auto durch dicken Matsch. An manchen Stellen haben wir das Gefühl auf Schierseife unterwegs zu sein. Es geht nur schleppend voran. Was um kurz vor sieben am Morgen beginnt endet um drei Uhr am Nachmittag als wir endlich wieder festen Boden unter den Füßen bzw. den Reifen haben. Die letzte Stunde bergauf nach Ziro auf 1.500 m ist gottseidank schon fertig geteert. Um vier haben wir es endlich geschafft. Wir sind in Ziro und steigen steif aus dem Auto. Beim Aussteigen sauber zu bleiben ist fast unmöglich. Der Matsch von 100 km Baustelle ist bis hoch zu den Fenstern gespritzt.
Nach einem kurzen Besuch auf dem Bazar in Hapoli, dem Hauptdorf im Ziro-Tal, freuen wir uns auf unser Hotel. Das Blue Pine Hotel ist mit Abstand das beste, das wir bisher hatten. Auf den Zimmern gibt es sogar eine kleine Elektroheizung. Was für eine Wohltat nach einem so nasskalten und ungemütlichen Tag!
Das Wetter ist uns immer noch nicht gut gesonnen. Schwere Wolken und Nebelschwaden hängen wieder über der Landschaft. Schade - ausgerechnet heute - wo das Tal von Ziro doch eines der schönsten in ganz Arunachal Pradesh sein soll. Hier lebt der Stamm der Apatani, zu dem auch Michi gehört.
Da Michi aus einer alt eingesessenen Familie stammt kennt er hier jeden Winkel und weiß unendlich viel zu erzählen über die Sitten und Gebräuche der Apatanis.
Ganz typisch ist für ein Apatani-Haus die hohe, aus Bambus gebaute Veranda. In früheren Zeiten war das gesamte Haus aus Bambus gebaut - sogar das Dach. Das findet man leider heutzutage in Ziro fast gar nicht mehr. Hier hat Wellblech als Dacheindeckung fast ganz Einzug gehalten. Die etwas wohlhabeneren Apatani leisten sich auch gerne Wände aus massiven Holzbrettern. Aber auch mehr und mehr Betonhäuser werden gebaut - für mein Empfinden mehr als in Dörfern anderer Stammesvölker.
Die alten Sitten und Gebräuche sind jedoch tief verwurzelt und allgegenwärtig. So findet man vor vielen Häuser kleinere "Geisterhäuser", die für verschiedene Zeremonien errichtet werden. Sie sind immer komplett aus Bambus gebaut und im Inneren muss unbedingt ein Affenschädel aufgehängt werden.
Eine Besonderheit sind die großen Versammlungsplattformen, die von den Apatani Lapang genannt werden. Jeder Apatani-Clan, der jeweils aus mehreren Familien in einem bestimmten festgelegten Bereich eines Dorfes besteht, verfügt über einen solchen Lapang.
Sie wird von einem Priester geweiht und dient offiziellen Versammlungen und religiösen Zeremonien des Clans. Traditiionell stehen diese Lapangs auf einem Ständerwerk aus dicken Baumstämmen. Die Plattform selbst ist aus massiven Holzbrettern gezimmert. Auf diese traditionelle Weise können heute diese Versammlungsorte leider schon nicht mehr gebaut werden, denn solch dicke Bäume gibt es kaum noch. Einen solch traditionellen Lapang gibt es noch im Dorf Biirie.
Hier hat Michi für uns auch einen Termin bei einem bekannten Apatani-Priester gemacht. In seinem Haus sitzen wir zusammen am Feuer. Er nimmt sich die Zeit auf unsere Fragen zu antworten.
Selbst ist er aber auch sehr interessiert. Besonders Carina scheint ihn mit ihrer Größe ziemlich zu beeindrucken. Wie es denn komme, dass sie so groß sei - ob es bestimmte Nahrungsmittel oder eine Medizin gäbe, die sie essen würde, dass sie so groß gewachsen sei. Er wünscht sich diese Größe auch für seine Apatani-Brüder und Schwestern.
Auf unserem Spaziergang durch verschiedene Dörfer der Apatani fallen uns immer wieder kleine Kunstwerke aus geflochtenen Bambusstreifen vor den Häusern auf. Das sind Altäre, erklärt uns Michi, die zu verschiedenen familiären Anlässen von der Familie hergestellt werden.
Oft ist der Tod eines Familienangehörigen, der die Familie veranlasst, einen solchen Altar zu fertigen und vors Haus zu stellen. Er soll die Geister darauf aufmerksam machen und sie bitten dem Verstorbenen ein gutes Geleit ins Reich der Toten zu geben. Auch eine Hochzeit kann ein Anlass sein um für ein gutes Gelingen der Ehe zu bitten.
Der Bambus ist in der Kultur des Apatani-Stammes tief verwurzelt uns sehr geschätzt. Nahezu jede Familie hat einen eigenen Bambusgarten. Der Bambus ist aus dem Leben der Apatani gar nicht wegzudenken. Neben dem Hausbau wird er für die Geisterhäuser, Altäre, aber auch für viele Dinge des täglichen Gebrauchs genutzt wie z. B. für Körbe, Taschen, Behälter, Jagdausrüstung, Fischreusen, Matten und vieles mehr.
Zwischendurch fängt es immer wieder an zu regnen. Da Michi hier nahezu jede "Nase" kennt ist es überhaupt kein Problem einen wärmenden Platz an einem Feuer zu finden. Er klopft einfach an eine Tür und schon sind wir als Gäste herzlich willkommen. Auch bei einem Priester durften wir zu Gast sein.
Bei unseren Besuchen und Spaziergängen durch verschiedene Dörfer trafen wir auch immer wieder auf ältere Damen mit dem traditionellen großen schwarzen Nasen-Piercing und Gesichtstätowierungen.
Schließlich macht uns Michi noch bekannt mit einem älteren Apatani-Herrn. Mit großem Stolz bittet er uns in sein Haus und zeigt uns seine Jagdtrophäen. Er ist auch stolzer Besitzer einer traditionelle Kappe, die noch mit einem echten Hornbill-Schnabel geschmückt ist und einem aus feinsten Bambusstreifen geflochtenen Rucksack.
Als wir ihn um ein Erinnerungsfoto bitten müssen Kappe, Rucksack und auch sein Langmesser unbedingt mit aufs Bild. Michi verspricht ihm gerne die Bilder bei nächster Gelegenheit vorbeizubringen.
Leider hatten wir nur einen einzigen Tag im Ziro-Tal bei den Apatani. Gerne hätten wir hier noch ein oder zwei zusätzliche Tage verbracht. Besonders schön muss es hier sein, wenn alles in lichtem Grün erstrahlt, wenn die ersten Triebe des frisch gesetzten Reis sprießen...
Mit über 420.000 Quadratkilometern gehört Majuli mit zu den größten Süßwasserflussinseln der Welt. Sie wird umspült von zwei Flussarmen des Brahmaputra. Heute leben ca. 160.000 Menschen auf der langsam schrumpfenden Insel von 54,8 km Länge und 24,5 km Breite. Das ergibt eine durchschnittliche Bevölkerungsdichte von ca. 300 Einwohnern pro Quadratkilometer (zum Vergleich leben in Deutschland durchschnittlich 256 Einwohner pro Quadratkilometer).
Trotzdem ist die Insel ein wahres Idyll. Hier geht es sehr viel beschaulicher zu als in den meisten anderen Regionen des quirrligen Indiens. Überraschend ist, dass es bis heute noch keine Brücke gibt, die die Insel mit dem Festland verbindet. Zwar ist eine Brücke seit 2021 in Bau und soll bald fertiggestellt werden, aber derzeit ist man noch auf die ziemlich abenteuerlichen Fähren angewiesen.
Wir erreichen das Nordufer des Brahmaputra und den Fähranleger nach Majuli ziemlich spät am Nachmittag. Zwar hat Michi die Fähre schon einge Male genutzt, aber das Wiederfinden gestaltet sich einigermaßen schwierig durch einen wahren "Irrgarten" an kleinen Sträßchen durch abgelegene Dörfchen und entlang einiger Nebenflüsse des Brahmaputra. An Idylle ist die Landschaft allerdings kaum zu überbieten.
Einen festen Fahrplan gibt es für die Fährüberfahrten aus dem Norden nach Majuli Island nicht. Am gegenüberliegenden Ufer bewegt etwas und steuert gemächlich über den Fluss auf uns zu. Da der nördliche Flussarm des Brahmaputra nicht sehr breit ist erkennen wir schnell, dass es ein Fährboot ist, dass uns schon nach knapp einer halben Stunde erreicht. Oh weih, oh weih, oh weih...darauf sollen wir doch nicht etwa unser Auto verladen?! Nein, für diese Fähre war es für heute die letzte Fahrt. Aber es soll noch eine weitere kommen. Wir sind gespannt...
Nach einer weiteren halben Stunde tut sich wieder etwas am anderen Ufer und kommt schnell näher. Etwas größer ist dieses Fährboot ja, aber tauglich für einen Autotransport? Michi und Lalan sind ganz gelassen. Sie kennen das einigermaßen abenteuerlich anmutende Verlade-Prozedere schon...
Michi meinte nur, dass das doch ziemlich harmlos sei im Vergleich zu den Überfahrten in früheren Zeiten.
Da gab es für einige Flussüberquerungen mit Fahrzeug gerade einmal zwei etwas größere Ruderboote, die aneinandergebunden wurden und das Fahrzeug stand dann auf den Planken, die die beiden Boote miteinander verbanden. Von den Freunden Helga und Uwe, die schon vor gut 20 Jahren sehr intensiv in Nordostindien unterwegs waren, hatte ich auch schon abenteuerliche Geschichten gehört und abenteuerliche Bilder gesehen...
Sehr viel intensiver wird die Fähre zwischen Majuli Island und dem Südufer des Brahmaputra genutzt. Kaum 20 km entfernt vom Fähranleger liegt nämlich eine der größten Städte in Assam - Jorhat. Da der südliche Flussarm des Brahmaputra sehr viel breiter ist und auch noch einige kleinere Flussinseln umschippert werden müssen, dauert die Überfahrt hier zwischen 1,5 und 2 Stunden.
Für die Fähre über den Süd-/Hauptarm des Brahmaputra gibt es sogar einen richtig Fähranleger über eine befestigte Rampe, das Kamalabari Ghat. Auch ein Wellblech-Fährhäuschen gibt es mit einem Fahrkartenschalter und einer sehr interessante Tarifübersicht für die Überfahrten. Wer mit einem Auto übersetzen möchte sollte auf jeden Fall auf der Website Fährbetreibers die Überfahrt fest zu buchen, denn auch auf diesen etwas größeren Fähren haben immer nur zwei bis drei Fahrzeuge Platz.
Gottseidank hat Michi den Platz für unser Fahrzeug schon gestern gebucht und gerade noch den letzten Platz auf der 7.30-Uhr-Fähre ergattert. Die späteren Fähren am Morgen waren bereits ausgebucht. Sonst hätten wir bis zum Nachmittag auf die nächste warten müssen, die wieder Autos transportieren kann. Von hier aus geht es zum Neemati Ghat, das knapp 50 km nördlich von Jorhat liegt, eine der größeren Städte in Assam.
Immer wieder werden bei dieser Fährüberfahrt zwischen Majuli und dem Südufer des Brahmaputra Delphine gesichtet, die manchmal sogar das Boot begleiten. Das Glück hatten wir leider nicht. Dabei hätten wir so gerne einmal die Flussdelphine im Brahmaputra gesehen...
Majuli ist nicht nur eine der größten Flussinseln der Welt inmitten des gewaltigen Brahmaputra-Flusses in Assam. Die Insel gilt als das kulturelle Zentrum und die Wiege der assamesischen Zivilisation und der Vaishnava-Kultur des großen sozal-religiösen reformatuors Srimanta Sankardev aus dem 15. Jhd. Die vielfältige Kulturlandschaft Majulis wurde schon vor Jahren zum Weltkulturerbe erklärt. Nur hier gibt es hinduistische Klöster der Glaubensrichtung des Vishnuismus.
Gleichzeitig versprüht die Insel trotz der Bevölkerungdichte einen unnachahmlichen Charme, eine unbeschreibliche Idylle und verströmt eine Ruhe und Gelassenheit, die in Indien seines gleichen sucht. Außer Motorrädern gibt es nur wenige Fahrzeuge auf der Insel und dementsprechend auch nur nur ein sehr einfaches Straßennetz, das meistens aus nicht asphaltierten Wegen besteht, die die einzelnen Stammesdörfer miteinander verbindet. Die Menschen der verschiedenen Stammesvölker leben fast ausschließlich von der Landwirtschaft. Noch weitgehend unberührt von den "Errungenschaften" der modernen Technik haben hier die Werte der traditionellen Stammeskultur noch eine sehr viel größere Bedeutung.
Aber die Erosion nagt an dem Idyll. Der gewaltige Brahmaputra setzt besonders in der Monsunzeit immer wieder große Landstriche der Insel unter Wasser und immer öfter reißt er diese gleich mit sich. Die vielfältigen Maßnahmen, diese Erosiion zu stoppen, waren bisher nur wenig erfolgreich. So schrumpft die Insel immer mehr und man geht man davon aus, dass in 15 bis 20 Jahren Majuli vielleicht schon ganz von der Landkarte bzw. in den Fluten des Brahmaputra verschwunden sein wird. Deshalb sollte man vielleicht nicht mehr allzulange mit einem Besuch dort warten, bevor die Erosion die Insel mehr und mehr verändert.
Eine Besonderheit auf Majuli Island sind die hinduistischen bzw. vishnuistischen Klöster, die dort Satras genannt werden. 22 gibt es allein davon auf der Insel, die seit dem 16. Jahrhundert das Zentrum des Vishnuismus ist. Das ist eine der Strömungen des Hinduismus, die Vishnu als höchstes Wesen annimmt und dem alle anderen Götter untergeordnet sind.
Wir sind sehr gespannt als wir dass Auniati Kloster betreten, das mit ca. 400 Mönchen zu den größten auf Majuli gehört. Bisher war es uns ja nicht einmal bekannt, dass es im Hinduismus überhaupt Klöster gibt.
Einen hohen Stellenwert hat auf Majuli die Handwerkskunst. Neben der Weberei und dem Töpferhandwerk ist das Herstellen von kunstvollen Masken von großer Bedeutung. In einer Vielzahl von Handwerksbetriebe werden diese Masken auf der Insel auf althergebrachte traditionelle Weise gefertigt.
Es werden drei verschiedene Maskentypen hergestellt - Mukha sind einfache Gesichtsmasken - Lotokai Mukha sind Gesichtsmasken mit beweglichen Lippen und Augen und Bor Mukha sind große Masken, die fast den ganzen Körper bedecken.
Die Masken werden hauptsächlich anlässlich des Ankiya Nat getragen. Diese spezielle Theaterform des Neo-Vishnuismus auf Majuli soll religiöse Botschaften an die Zuschauer übermitteln. Ähnlich wie die buddhistischen Maskentänze anlässlich der Klosterfeste hat auch hier jede Maske eine spezielle Bedeutung und stellt einen bestimmten religiösen Akteur aus dem Hinduismus dar.
Am Straßenrand reiht sich ein aufgetürmter Erdhügel an den anderen. Das sind die Brennöfen in denen die getöpferten Krüge, Vasen und Schalen im Töpferdorf des Mishing-Stammes gebrannt werden. Durch einen mit Holzbalken abgestützten Eingang gelangt man zur Brennkammer, um hier mit Holz einzuheizen.
Getöpfert wird gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite. Hinter einem riesigen Haufen Lehm, dem Grundstoff für die Töpferwaren, formt gerade eine Frau vom Mishing-Stamm einen dieser schönen Tonkrüge.
Unglaublich wie schnell das Gefäß unter ihren geschickten Händen wächst. 20 bis 30 Gefäße entstehen so fast jeden Tag. Die müssen dann trocknen um dann gebrannt und verkauft zu werden. Die Töpferwaren von Majuli sind in ganz Assam beliebt und werden ziemlich teuer gehandelt. Insbesondere die Krüge werden gerne genutzt, um den köstlichen "home made" Jogurt aufzubewaren.
Ansonsten bezaubert Majuli durch seine Idylle. Trotz über 160.000 Einwohnern und einer Bevölkerungsdichte von an die 300 Einwohner pro Quadratkilometer herrscht auf der Insel das Grün und die Natur vor.
Unterbrochen wird dieses Idyll von kleinen Dörfern, die verstreut in der Landschaft liegen. Der Hauptanteil der Bevölkerung gehört zum Stamm des Mishing-Volkes. Sie leben bis heute überwiegend in ihren traditionellen Häusern, die aus Bambus gebaut und mit Stroh gedeckt werden.
In nahezu jedem Haus findet man bis heute noch einen ganz traditionellen Webstuhl. Hier werden neben den Stoffen für die traditionellen Festtagskleider natürlich auch Stoffe zum Verkauf gewebt.
Majuli Island ist außerdem ein Paradies für Vogelliebhaber. Bisher wurden an die 260 verschiedene Vogelarten hier gesichtet. Dazu gehören auch viele Zugvögel aus Tibet oder Sibierien, die hier den Winter verbringen. Auch einige vom Aussterben bedrohte Vogelarten wie der Grau-Pelikan oder der Argala-Marabu. Schätzungen besagen, dass es von letzterem nur noch an die 1.000 Tiere geben soll. Sie überwintern nicht nur auf der Insel - sie haben hier auch ihre Brutplätze.
Wenn Du irgendwann einmal Majuli Island besuchen solltest dann gibt es kaum einen schöneren Tagesausklang als den Sonnenuntergang am südlichen Ende der Insel.
Die Unterkünfte auf Majuli Island sind bisher recht einfach. Es handelt sich hauptsächlich um privat geführte Gästehäuser, Homestays und einfache Hotels, die maximal einem Vergleich mit 1-2* standhalten. Entsprechend günstig sind die Unterkünfte deshalb auch. Die Preise beginnen schon mit 10 € pro Zimmer und viel mehr wie 50 € pro Zimmer wird man kaum ausgeben können.
Michi hatte für uns das Enchanting Majuli Hotel ausgewählt und meinte, dass es derzeit eine der besten Unterkünfte auf der Majuli Insel sein dürfte.
Die Zimmer waren tiptop sauber und auch das Bad hatte einen guten Standard. Die Zimmer waren fast schon ein wenig stylisch möbiliert. Da hatte sich jemand auf jeden Fall richtig Mühe gegeben das ganze neben praktisch auch etwas netter zu gestaltet.
Wer lieber in einer traditionell gestalteten Unterkunft im Stil der aus Bambus gebauten Stelzenhäuser des Mishing-Stammes übernachten möchte ist im "La maison de Ananda" oder im "Ygdrasill Bamboo Cottage" genau richtig. Die Kosten liegen bei überschaubaren ca. 25 € pro Zimmer mit eigenem Bad. Hier ist es allerdings sinnvoll ein Moskitonetz mitzubringen und aufzuhängen, denn die Wände aus den authentischen Bambus-Matten sind meistens nicht so dicht, dass nicht unliebsame Moskitos hinein gelangen können.
Inzwischen findet man selbst auf den üblichen Buchungsportalen schon einige der Unterkünfte auf Majuli Island.
Wer eine etwas bessere Unterkunft ab 3* und aufwärts bevorzugt muss in die nächstgelegene Großstadt Jorhat ausweichen. Die liegt knapp 50 km von Majuli Island entfernt. Das hört sich erst mal nicht viel an, wenn da nicht die Fährüberfahrten nach und von Majuli. Letztendlich bleibt dann nicht mehr viel Entdeckerzeit für die Insel übrig.
Persönlich würde ich deshalb immer eine Unterkunft auf Majuli Island vorziehen, um nicht unnötig Zeit zu verlieren.
Ohne Frühstück geht es schon um sieben Uhr zum Kamalabari Ghat zur Fähre von Majuli nach Jorhat. So früh wollte uns die Küchenmannschaft des Enchanting Majuli leider noch kein Frühstück machen. Zumindest zu einem Morgen-Tee konnten wir sie überreden. Die Fähre ist super pünktlich und so schippern wir schon bald über den Hauptarm des Brahmaputra zum Neemati Ghat auf der anderen Seite. Etwa anderthalb Stunden waren wir unterwegs, denn die Fähre muss eine Vielzahl von kleineren Flussinseln umfahren.
Zum Frühstücken extra nach Jorhat hineinfahren?! Großstadt zur Rush Hour?! Auch wenn Michi dort ein nettes Frühstücks-Restaurant kennt - das ist doch Zeitverschwendung. Sicher werden wir auf der Hauptverbindungsstraße zwischen Jorhat und Sibsagar doch noch ein Frühstücks-Restaurant finden! Michi tut sich anscheinend damit etwas schwer. Keines der Restaurants scheint ihm gut genug. Da nehmen Carina und ich die Sache selbst in die Hand. Google Maps weist uns den Weg zur Food Villa in Teok - direkt am Highway 2...und ich kann nur sagen - das war eine hervorragende Wahl. Das Puri Baji ("Luftbrot" mit einem gehaltvollen Kartoffel-Curry) kam schnell und war super lecker!
Kurz vor Sibsagar, das auch Sivsagar genannt wird, halten wir. Schaut euch diese Brücke an, meint Michi! Die Namdang Steinbrücke wurde 1703 während der Regentschaft des Ahom-Königs Rudra Singha gebaut - 60 m lang, 6,5 m breit und 1,7 m hoch. Sie überquert den Namdang-Fluss und wurde aus einem einzigen gewaltigen Felsstück herausgeschnitten und mit kleinen Stein-Skulpturen geschmückt. Bis heute läuft der gesamte Verkehr der Ost-West-Hauptroute von Assam über diese Brücke - absolut unkaputtbar...
Sibsagar, wozu auch Joysagar gehört, war während des 17. und 18. Jahrhunderts das Zentrum der Ahom-Dynastie Von hier aus wurde ca. 600 Jahre lang ganz Assam regiert. Während dieser Zeit entstanden eine Vielzahl von beeindruckenden Tempeln, Palästen und Festungen.
Da wir heute noch bis hinter Dibrugarh weiterfahren wollen haben wir nur wenig Zeit. Deshalb veranstalten wir eine wahre "Tempel-Ralley." Die Monumente der Ahom-Dynastie sind so faszinierend und so anders im Vergleich zu den meisten indischen Tempeln, dass wir zumindest mal einen kurzen Blick auf die verschiedenen antiken Anlagen werfen wollen.
Der Na-Pukhuri Shiva Dol Tempel von Joysagar
steht in einer weitläufigen Parkanlage etwa 8 km von Sibsagar entfernt am Ufer des Joysagar Wasserreservoirs. Er ist knapp 26 m hoch und der letzte der Hindu Tempel, die während der Ahom-Ära entstanden sind. Die eingelassenen Nischen an den Tempelaußenwänden waren ursprünglich mit prächtigen Steinskulpturen geschmückt. Im Laufe der Jahrhunderte sind diese entweder durch die Witterung stark beschädigt oder gestohlen worden. Den Gebetsraum in Inneren kann man leider nicht betreten sondern nur vom vergitterten Tor einen Blick hineinwerfen.
Der Vishu Dol Tempel, auch Joy Dol Tempel genannt, von Joysagar
befindet sich im gleichen Park wie der Na-Pukhuri Shiva Dol Tempel. Allerdings wird er gerade restauriert und ist eingerüstet. Schade, dass der Anblick der wirklich schönen und gut erhaltenen Steinreliefs dadurch ein wenig beeinträchtigt ist.
Der Vaidyanath Shiva Dol Tempel in Joynagar
am Ufer des Joysagar Wasserreservoir hat mir mit Abstand am besten gefallen, da er neben dem Dom in der Mitte noch in jeder Himmelsrichtung einen Turm und auch eine Vorhalle hat.
Talatalghar - die Festung und der königlicher Palast der Ahom Könige
ist eines der herausragenden historischen Monumente in Sibsagar und gleichzeitig auch das größte der alten Ahom-Kultur. Ursprünglich war es als Armee-Basis gebaut worden mit sieben Stockwerken - drei davon wurden unterirdisch angelegt. Außerdem gibt es zwei unterirdische Gänge, die dem König und seiner Armee als Fluchtwege dienen sollten. Ein wirklich beeindruckender Bau. Deshalb haben wir hier auch einen großen Teil unserer Zeit verbracht.
Beim Spaziergang zwischen den alten Gemäuern ergeben sich immer wieder schöne Ausblicke auf die Gebäude der oberen Stockwerke, die als Wohn- und Tempelräume dienten.
In einigen der Gebäude sind auch die Innenräume zugänglich, so dass man auch hier auf Entdeckungsreise gehen kann.
Ranghar, der königliche Sport-Pavillon in Joysagar
Von diesem imposanten zweistöckigen ovalen Sandstein-Pavillon beobachteten die Ahom-Könige die Sport-Wettkämpfe, die regelmäßig auf dem großzügigen Areal rund um das Gebäude abgehalten wurde. Auch Tier-Wettkämpfe und kulturelle Darbietungen fanden hier statt.
Die Außenfassade ist rundherum prächtig geschmückt mit Reliefs mit Motiven aus Flora und Fauna.
Ahom Raja's Palace in Garhgaon bei Sibsagar
Ein weiterer königlicher Palast steht in Garhgaon. Ursprünglich wurde er Mitte des 16. Jahrhundert aus Holz und Sandstein erbaut. Erst später wurde er durch den bekannten König Pramatta Singha zu seiner jetzigen Form um- und ausgebaut.
Ein Tempel für die Göttin Durga und ein weiterer Shiva- und Vishnu-Tempel
Wer noch immer nicht genug hat von Palästen, Pavillons und Tempeln aus der Ahom-Ära, für den hält das Stadtzentraum von Sibsagar noch drei weitere prächtige Tempel bereit, die alle in Laufweite voneinander stehen.
Schließlich beginnt es schon fast zu dämmern als wir uns endlich von Sibsagar in Richtung Dibrugarh auf den Weg machen. Armer Lalan, der jetzt noch über zwei Stunden in der Dunkelheit bei viel Verkehr fahren muss.
Um kurz nach sechs sitzen wir schon wieder alle miteinander im Auto. Auch dieses Mal wieder ohne Frühstück. Um diese Zeit bekommt man anscheinend in keiner Unterkunft in Assam etwas zu essen. Also fahren wir "ungefrühstückt" in Richtung Longding. Auf etwa halber Strecke machen wir im Ort Kazubari Halt. In einem kleinen, sehr einfachen Restaurant gibt es ein köstliches Puri Baji. Gottseidank kommen die Puris, die "Luftbrote" hier wie vom Fließband aus dem heißen Öl, so dass schon bald jeder von uns zwei auf seinem Teller hat.
So schnell wie möglich wollen wir weiter nach Longding. Um zehn Uhr beginnt hier das Oriah-Fest des Wancho-Stammes. Viele Jahre war das gesamte Gebiet rund um Longding für Touristen gesperrt. Erst seit diesem Jahr dürfen Besucher wieder hierher. Deshalb haben wir die Gelegenheit genutzt, unseren Reiseplan ein wenig geändert, so dass wir heute anlässlich des Festes hier sein können. Um kurz vor zehn kommen wir an. Besser hätten wir es gar nicht antreffen können. Gerade ist eine Gruppe Wancho-Krieger auf dem Weg zum Festplatz.
Direkt hinter dem Eingang zum Festplatz stehen Wancho-Ladies in ihren schönsten Festtagskleidern Spalier, um die Besucher zu begrüßen.
Mehr und mehr Einheimische aus den verschiedenen Dörfern der Umgebung treffen ein. Unter den Männern sind schon einige wirklich abenteuerlich anmutende "Gestalten". Sowohl die älteren Frauen wie auch die Männer sind teilweise noch gesichtstätowiert. Auch geschwärzte Zähne galten in früheren Zeiten als Zeichen großer Schönheit. Weiße Zähne dagegen galten als ausgesprochen hässlich.
Während der Begrüßungsansprachen schauen wir uns mit Begeisterung das farbenprächtige Gewusel auf der Besuchertribüne und den feierlichen Einzug verschiedener Tanzgruppen an.
Dann beginnt das eigentliche Festprogramm. Frauen- und Männergruppen aus den Dörfern der ganzen Umgebung führen in verschiedene traditionelle Tänze auf. Es ist ein unglaublich farbenprächtiges Festgeschehen.
Am Nachmittag klingt der offizielle Festteil so langsam aus und der große Festplatz verwandelt sich mehr und mehr in eine große Open Air-Disko mit traditioneller Stammesmusik. Es wird unglaublich voll und eng, so dass wir uns entschließen uns langsam aber sicher zurückzuziehen. Insbesondere nehmen die Bitten um Selfies, die bisher nur sehr zurückhaltend geäußert worden waren, nun überhand und es wird ziemlich anstrengend.
Aber wir sind inzwischen auch so überfrachtet mit Eindrücken, dass uns fast der Kopf schwirrt. Das Oriah Fest in Longding gehört mit großem Abstand zusammen mit dem Hornbill Fest in Kohima im Nagaland zu den schönsten Stammesfesten, die ich bisher hier in Nordostindien gesehen habe. Was für ein unglaubliches Erlebnis.
Kommentare powered by CComment